Arzt warnt vor Frauen-Diskriminierung durch Krankenkassen
Weil sie mensturieren, verlieren Frauen jeden Monat Eisen. Eisenmangel ist darum sehr häufig. Ob die Krankenkassen die Therapie weiterhin zahlen, ist unklar.
Das Wichtigste in Kürze
- Eisenmangel ist weltweit die häufigste Mangelerscheinung.
- In der Schweiz ist die Behandlung darum Teil der Grundversicherung der Krankenkassen.
- Kassen und Gesundheitsminister Berset wollen nun aber sparen.
- Ärzte fürchten, dass das auf den Schultern der häufigsten Betroffenen geschieht.
Eisenmangel ist weltweit die häufigste Mangelerscheinung überhaupt. Muss Eisen von aussen zugeführt werden, bezahlt das darum die Krankenkasse. Seit 1998 gehört die Eiseninfusion bei den Krankenkassen zur Grundversicherung mit dazu.
Das könnte sich allerdings bald ändern: Gesundheitsminister Alain Berset nämlich hat den Rotstift angesetzt. Betroffen von den Einsparungen: Die Frauen. Denn bei jeder Menstruation verlieren sie Eisen, das der Körper nicht selber ersetzen kann.
Frauen haben oft nur einen Drittel so viel Eisen, wie Männer
Rotes, muskuläres Fleisch oder Hülsenfrüchte sind gute Eisenlieferanten. Für einen gesunden, erwachsenen Mann reicht das meist völlig aus. Seine Eisenwerte liegen zwischen 100 und 200 ng/ml.
Frauen hingegen verlieren mit jeder Menstruation so viel Eisen, dass mindestens zwanzig Prozent von ihnen einen Mangel aufweisen. Eisen kann künstlich in Form von Tabletten, Tropfen, Sirup oder intravenös als Infusion zugeführt werden.
Während Tabletten und Tröpfli relativ günstig sind, kann eine Infusion schnell mal 500 Franken kosten. Eine Monatspackung Eisentabletten dagegen knapp zehn Franken.
Ärzte verschreiben immer mehr teure Infusionen
Dennoch verschreiben Ärzte ihren Patientinnen immer öfter die teure Therapie. Das gefällt weder den Krankenkassen, noch dem Gesundheitsminister.
Atupri, Sanitas und neu auch die Helsana stellen sich quer. Sie übernehmen die Kosten für eine Eiseninfusion nur noch, wenn der Ferritin- (also Eisen-) wert im Blut 15 ng/ml oder weniger beträgt.
Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist bei diesem Wert der Eisenspeicher komplett leer. Bei 30 ng/ml gilt der Speicher laut WHO als knapp. Viele Schweizerinnen bewegen sich bei einem Ferritin-Wert um 20 ng/ml.
Zahlen Kassen Infusionen bald nicht mehr?
Hausärzte fürchten nun, dass der Bundesrat die Eiseninfusion aus den Pflichtleistungen der Kassen entfernt – oder zumindest stark beschränkt.
Eine Basler Studie von 2012 zeigt: Die Erfolgsquote bei Eiseninfusion liegt nach drei Monaten bei 89 Prozent. Mit Tabletten-Behandlung dagegen bei 29 Prozent.
«Damit würden Frauen massiv diskriminiert», sagt der Basler Hausarzt Beat Schaub. «Wir Männer sind verwöhnt. Wir haben konstant genügend Eisenreserven, weil wir nicht menstruieren. Dass es bei den Frauen anders ist, ist nicht ihr Fehler. Darum müssen die Krankenkassen dort solidarisch sein.»
Seine über 20-jährige Erfahrung zeige: «Gesund ist ein Ferritinwert von mindestens 100 ng/ml. Dann fühlen Patientinnen sich gut. Die Zahlen der WHO zeigen einen globalen Durchschnitt, der als normal angesehen wird. Dabei wurde Frauen allerdings nicht gefragt, wie sie sich fühlen und ob sie allenfalls Symptome eines Eisenmangels zeigen», so Schaub.
Symptome von Eisenmangel
Symptome sind andauernde Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Kopfschmerzen, Schwindel, Leistungsabfall oder gar Depressionen. «Die Frauen damit allein zu lassen, ist weder fair, noch medizinisch sinnvoll.»
Der menschliche Körper braucht Eisen für die Herstellung roter Blutkörperchen. Sie transportieren Sauerstoff in jede Zelle unseres Körpers. Eisenmangel bedeutet darum Sauerstoffmangel.
Muss es die teure Therapie sein?
Könnte der Eisenmangel aber mit den günstigen Tabletten ausgeglichen werden? «Tabletten sind eine gute Lösung, um einen Eisenmangel zu verhindern. Sind die Eisenreserven des Körpers allerdings leer, reichen die Tabletten nicht mehr aus. Dann braucht es eine Infusion, um sie wieder zu füllen», so Schaub.
Er fürchtet, dass die Einsparungen im Gesundheitswesen unter anderem auf den Schultern der Frauen ausgetragen werden. Und dass diese aus Spargründen auf eine Infusion verzichten. «Das hätte teilweise schlimme, medizinische Folgen.» Zudem leide die Lebensqualität der Betroffenen.