Auktion Nazi-Kunst: Versteigerung für Schweizer Museen legitim
In München wurden Stücke aus der Nazi-Zeit versteigert. Museen hierzulande sehen die Antiquitäten als Bereicherung – insofern sie als Aufklärung dienen.
Das Wichtigste in Kürze
- In einem Münchner Auktionshaus wurden Nazi-Fundstücke versteigert.
- Auch ein Cocktailkleid von Eva Braun und Hitlers Zylinder wurden angeboten.
- Für Schweizer Museen ergibt die Versteigerung Sinn, insofern diese für Institutionen sind.
Die Versteigerung im Münchner Auktionshaus Hermann Historica ist umstritten: Über 800 Gegenstände aus dem Holocaust wurden diese Woche vor Ort, aber auch online angeboten. Unter anderem Eva Brauns Cocktailkleid und ein Zylinder von Adolf Hitler konnten Mitbietende erwerben.
An der Versteigerung war das Interesse enorm. Hitlers Zylinder wurde für 50'000 Euro versteigert. Auch eine Luxusausgabe von Hitlers «Mein Kampf» ging für 130'000 Euro unter dem Hammer weg. Das teuerste Stück war allerdings eine Kriegsauszeichnung zum Umhängen – für ganze 135'000 Euro.
Dass solche Gegenstände öffentlich versteigert werden und damit auch in die Hände von antisemitischen Personen geraten können, ärgert viele Leute. Der europäische Juden-Verband forderte im Vorfeld eine Absage der Auktion.
Roman Aebersold vom Museum für Gestaltung Zürich sieht den Besitz der Stücke als gerechtfertigt. Jedoch nur, solange sie von einer Institution als Aufklärung gebraucht werden: «Der Zweck sollte sein, die Funde als Bildungsmaterial für die Allgemeinheit zu gebrauchen und um auf das Geschehene zu sensibilisieren. Bei Privatpersonen ist das natürlich etwas anderes.»
Das Historische und Völkerkundemuseum St. Gallen hatte dieses Jahr selbst schon eine Stoffpuppe aus der Nazi-Zeit in ihrer Ausstellung «Kinder im KZ Bergen-Belsen».
Peter Müller erklärt: «Die Puppe begleitete ein kleines jüdisches Mädchen durch drei NS-Konzentrationslager. Zahllose Besucher waren zutiefst beeindruckt. Die Stoffpuppe ist unbezahlbar und wird in der Ausstellung deshalb auch nicht im Original gezeigt, sondern als Replik.»
«Der Markt für solche Objekte ist da»
Eine Auktion dieser Art zu verbieten, findet Müller sinnlos: «Verbieten kann man den Besitz von Nazi-Objekten nicht. Und wenn es keine öffentliche Versteigerung gibt, suchen sich die Interessenten andere Wege. Der Markt für solche Objekte ist da und wird immer bestehen, gerade in unserem Online-Zeitalter.»
Und: «Es gibt beim Thema Neonazismus Probleme, die mir viel gravierender erscheinen. Stichworte sind da etwa ‹Hass und Gewalt› oder ‹Verharmlosung und Leugnung des Holocausts›.»
Auch könnte sich der Provenienzforscher vorstellen, selbst einmal von den Auktionen Gebrauch zu machen: «Wenn ein Objekt einen konkreten St. Galler Bezug hätte, der wichtige historische Zusammenhänge illustriert, würden wir uns diese Option sicher überlegen.»