Berner Anwalt klagt eigene Praktikantin an

Laura Del Favero
Laura Del Favero

Bern,

Kurioser geht es kaum: Ein Berner Anwalt erstattet gegen seine eigene Praktikantin Anzeige. Und das, weil sie an ein Bewerbungsgespräch statt an eine Uni-Vorlesung ging.

Ein Berner Anwalt zerrt seine Praktikantin vor das Obergericht.
Ein Berner Anwalt zerrt seine Praktikantin vor das Obergericht. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Berner Anwalt zeigt seine eigene Praktikantin an, weil sie zu einem Bewerbungsgespräch statt an eine Uni-Vorlesung ging.
  • Sowohl die Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland als auch das Berner Obergericht zeigten sich davon wenig beeindruckt.
  • Stattdessen brummte das Obergericht dem Anwalt die Prozesskosten sowie eine Entschädigung für die Praktikantin auf.

Alles begann kurz vor Ostern: Die Praktikantin eines Berner Anwaltsbüros begab sich für ein externes Bewerbungsgespräch in eine einstündige Pause. Bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber gab sie allerdings an, eine Verlosung an der Universität zu besuchen.

Erst als die Frau bereits ihr Arbeitsverhältnis gekündigt hatte, kam der Anwalt seiner Praktikantin auf die Schliche. Er stellte sie frei und reichte Strafanzeige ein.

Wie die «Berner Zeitung» berichtet, stiess die Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland allerdings auf wenig Verständnis: Es fehle die strafbare Handlung. Auch der finanzielle Schaden sei zu gering. Kein Wunder: Der Monatslohn der Praktikantin betrug 2000 Franken pro Monat. Auf eine Stunde heruntergebrochen, sind das 12.50 Franken.

Anwalt schnitt sich ins eigene Fleisch

Das liess der Anwalt allerdings nicht einfach auf sich beruhen, und zog deshalb ans Obergericht weiter. Seine Begründung: Der Schaden sei höher. Er habe seiner Praktikantin auch nach der geschwänzten Stunde noch Lohn bezahlt und Zeit «in Erwartung einer längerfristigen Zusammenarbeit» investiert. Infolgedessen verlangte er eine Strafuntersuchung und eine angemessene Sanktion.

Doch auch das Obergericht zeigte sich wenig beeindruckt: Die Falschbuchung begründe weder eine für den Betrug vorausgesetzte Bereicherungsabsicht, noch sei eine arglistige Täuschung im strafrechtlichen Sinn erkennbar.

Im Gegenzug muss der Anwalt nun selbst in die Tasche greifen: Das Gericht erlegte ihm die Prozesskosten von 1000 Franken auf. Ferner muss er seiner ehemaligen Praktikantin 629.20 Franken als Entschädigung zahlen.

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