Coronavirus: Ist Händewaschen gar nicht mehr nötig?
Laut der amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC sind Übertragungen des Coronavirus über Oberflächen minimal. Hat das Händewaschen ausgedient?
Das Wichtigste in Kürze
- Laut CDC liegt das Risiko einer Corona-Ansteckung über die Oberflächen bei 1 zu 10'000.
- Ständiges Händewaschen sei gar nicht mehr nötig, meinen Experten.
- Trotzdem sei Handhygiene unabhängig vom Coronavirus wichtig.
Hände waschen, in Armbeuge niesen und Abstand halten. Gebetsmühlenartig predigten dies Gesundheitsminister Alain Berset und der damalige Leiter Übertragbare Krankheiten beim BAG, Daniel Koch, im letzten Frühling. Auf eine Maskenpflicht wurde zu Beginn der Pandemie des Coronavirus verzichtet.
Inzwischen hat sich das Blatt gewendet. Die Maske zum Schutz gegen das Coronavirus ist in der Öffentlichkeit kaum mehr wegzudenken. Auf der anderen Seite erscheint Händewaschen und Desinfizieren immer weniger wichtig.
Risiko einer Ansteckung über Oberflächen bei 1 zu 10'000
So hat die amerikanische Behörde für Krankheitskontrolle und -prävention CDC kürzlich die Richtlinien für die Oberflächenreinigung aktualisiert. Dies geht aus einem Artikel der «New York Times» hervor. Gemäss CDC liege das Risiko, sich über eine kontaminierte Oberfläche zu infizieren, bei weniger als 1 zu 10'000.
Ständiges Händewaschen sei gar nicht mehr nötig, meint auch Walter Popp gegenüber dem «Speigel». Popp ist Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene.
Zu Beginn der Pandemie sei dies noch wichtig gewesen, weil unklar war, wie es zu einer Corona-Infektion komme. Mittlerweile sei jedoch klar, dass eine Ansteckung über die Oberflächen minimal sei. Die Übertragung finde hauptsächlich über die Luft statt
Dies sieht auch Hugo Sax, ehemaliger Leiter der Spitalhygiene im Universitätsspital Zürich so. Gegenüber SRF meint er, dass die Gefahr, sich über die Oberflächen mit dem Coronavirus anzustecken, äusserst gering sei. Man brauche darum nicht jeden Liftknopf mit dem Ellbogen zu bedienen oder zwischen jedem Türöffnen die Hände zu waschen.
In ganz bestimmten Situationen ändere sich jedoch die Ansteckungsgefahr: «Wenn in einer Familie jemand angesteckt ist, und man dann häufig gemeinsam genutzte Oberflächen anfasst – oder sich gar die Hand schütteln würde, kann die Übertragungswahrscheinlichkeit plötzlich wesentlich höher sein.»
Handhygiene unabhängig von Coronavirus wichtig
Zudem sei auch Handhygiene unabhängig vom Coronavirus wichtig. So meint Sax: «Die generelle Händehygiene ist bisher zu sehr vernachlässigt worden.» Händewaschen helfe, insbesondere in Risikosituation wie dem Spital, nicht nur gegen Coronaviren, sondern auch gegen multiresistente Bakterien.
«Händedesinfektion und Händewaschen machen immer Sinn», meint auch Popp. Dies unabhängig vom Coronavirus. Händewaschen nach der WC-Sitzung, vor dem Kochen oder vor dem Essen sei weiterhin wichtig.
Und auch nach dem Nachhausekommen rät Popp, sich die Hände gründlich zu waschen. Dies, um sich auch vor anderen Viren zu schützen. Eine grosse Rolle beim Schutz vor dem Coronavirus spiele es jedoch nicht.
BAG bleibt bei Empfehlungen
Beim Bundesamt für Gesundheit BAG heisst es auf Anfrage, dass man die wissenschaftlichen Diskussionen verfolge. «Wir bleiben aber im Moment bei unseren Empfehlungen bezüglich Hygiene und Abstandhalten.»
Dabei verweist das Bundesamt auf die Empfehlungen auf seiner Homepage. Dort steht: «Das Virus überträgt sich am häufigsten bei engem und längerem Kontakt.» Je länger und enger dieser Kontakt sei, desto wahrscheinlicher sei eine Ansteckung.
Und: «Wenn infizierte Personen husten und niesen, gelangen ansteckende Tröpfchen auf ihre Hände oder auf benachbarte Oberflächen. Eine andere Person könnte sich anstecken, wenn sie diese Tröpfchen mit den Händen aufnimmt und anschliessend Mund, Nase oder Augen berührt.»