Der lange Weg zum Verbot der «Wunderfaser» Asbest in der Schweiz
Die Gefahr der Faser Asbest wurde lange unterschätzt. 1989 trat in der Schweiz ein Verbot in Kraft. Der EFA geht bald das Geld für Entschädigungen aus.
Das Wichtigste in Kürze
- Seit 1989 gilt in der Schweiz ein weitgehendes Asbestverbot.
- Asbest löst Mesotheliom aus, ein bösartiger Tumor des Brustfells.
- Im Frühling prognostizierte die Suva eine Zunahme der Erkrankungen.
Vor 30 Jahren wurde die Verwendung von Asbest in der Schweiz verboten. Doch lange wurden die Gefahren unterschätzt, auch von der Unfallversicherung Suva. Dies schreibt sie auf ihrer Webseite. Anders reagierte die Suva nach der Jahrtausendwende, als die Spätfolgen erkennbar wurden.
Bösartiger Tumor trat in den 60er Jahren auf
In den 60er Jahren trat eine neuartige Form der Asbesterkrankung, das sogenannte Mesotheliom auf, ein bösartiger Tumor des Brustfells.
Wer daran erkrankte, starb innerhalb von wenigen Monaten, schreibt die Suva.
Mesotheliome werden durch eingeatmete, mikroskopisch kleine Asbestfasern hervorgerufen. 1967 wurde der erste Mesotheliom-Fall von der Suva registriert. In der Folge wurden die Grenzwerte für Asbest verschärft und die Anwendung von Spritzasbest 1975 verboten.
In der Öffentlichkeit wuchs die Beunruhigung, die parlamentarischen Vorstösse und Medienberichte häuften sich. Bis Ende der 1970er Jahre sorge die Asbestlobby der Industrie dafür, dass die Gefahren lange unter dem Deckel gehalten wurden. Dies teilt die Unia mit.
Bewusstsein der Katastrophe kam mit grosser Verspätung
Doch auch bei den Gewerkschaften sei die Dimension gesundheitlichen Katastrophe erst mit grosser Verspätung ins Bewusstsein gerückt. Vor allem, weil die Latenzzeit zwischen Asbestexposition und Ausbruch der Krankheit Jahrzehnte betragen kann.
Ende der 80er Jahre führte der politische Druck zu einem Umdenken. Am 1. März 1989 trat in der Schweiz ein weitgehendes Asbestverbot in Kraft.
Dieses untersagte die Verwendung der meisten asbesthaltigen Erzeugnisse und Gegenstände ab 1. März 1990. Für bestimmte Anwendungen gab es Übergangsfristen bis Januar 1995.
EU-weites Verbot seit 2005
Nach einigen skandinavischen Ländern gehörte die Schweiz damit zu den ersten Ländern, die diesen Schritt vollzogen, was nicht selbstverständlich war: Immerhin hatte die Schweiz mit der Eternit AG Standort einen der grössten Produzenten von asbesthaltigen Produkten, wie die Unia schreibt. Ein EU-weites Asbestverbot gilt seit 2005.
Mit dem Verbot verschwand das Thema vorübergehend von der Bildfläche. Doch die Zahl der asbestbedingten Todesfälle nahm unterdessen trotz Verbot weiter zu. Im Frühling dieses Jahres prognostizierte die Suva gar einen Anstieg dieser Mesotheliom-Fälle von 120 auf 170 pro Jahr.
3900 Todesfälle durch Asbest bis 2040
Bis zum Jahr 2040 rechnet die Suva mit insgesamt bis zu 3900 Todesfällen. Bisher hat die Suva mehr als 5100 Fälle von asbestbedingten Berufskrankheiten anerkannt. So ist Asbest 30 Jahre nach dem Verbot für die Hälfte aller Todesfälle in der Berufsunfallversicherung verantwortlich.
Seit drei Jahren springt eine privatrechtliche Stiftung ein, der «Entschädigungsfonds für Asbestopfer» (EFA). Dabei geht es darum, auch Asbestopfer in eine Entschädigungslösung einzuschliessen, die nicht der obligatorischen Unfallversicherung unterstehen. Betroffen waren beispielsweise Frauen von Arbeitern, die asbestverschmutzte Kleidung wuschen.
Gesuche für Entschädigungen erreichten 2019 Höchststand
Doch die Anzahl Entschädigungen und Gesuche für Asbestopfer hat letztes Jahr einen Höchststand erreicht. Nun droht der Stiftung das Geld auszugehen. Seit der Gründung gingen insgesamt 24 Millionen Franken an Spenden ein. Benötigt werden bis 2025 voraussichtlich 100 Millionen Franken.
Um die Bemühungen der Suva und des Bundes zu koordinieren, wurde 2002 eine gemeinsame Informationsplattform geschaffen. Das Forum Asbest Schweiz (FACH).