Die SVP muss sich ihren eigenen Würmern stellen
Die SVP setzte ihre Konkurrenz-Parteien mit Würmern gleich und erinnerte an das Nazi-Blatt «Der Stürmer». Heute gab es in Schaffhausen einen Protest dagegen.
Das Wichtigste in Kürze
- Mit ihrem Wurm-Plakat erinnerte die SVP einige an ein nationalsozialistisches Blatt.
- Nun protestierten in Schaffhausen «Linke und Nette» gegen das Plakat.
- Verkleidet waren die Protestierenden – analog der SVP-Metapher – als Würmer.
Die SVP regt gern und viele auf. Kürzlich mit einem Plakat, das an alte Nazi-Propaganda erinnert. Es zeigt einen Apfel, der von Würmern zerfressen wird. Die Würmer benutzt die SVP als Metapher für die Schweizer Parteien.
Das Plakat schlug denn auch hohe Wellen. Die Kantonalparteien der SVP wurden zum nationalen Plakat nie befragt. Man zeigte sich betroffen.
Kantonalparteien der SVP gegen Plakat
Der Zürcher Nationalrat Thomas Hurter etwa bezeichnet das Plakat als «daneben und unsensibel». Auch in Basel, wo man sich an provokanten Sujets so einiges gewohnt ist, regt sich Widerstand.
Lieber Albert. In SH haben wir auch deshalb einen SVP-Wähleranteil von 35%, weil wir auf solche Plakate verzichten. Denk an all die überparteilichen Kommissionen & Listenverbindungen - und stoppe dieses Sujet. Schöner Sonntag noch. #AlbertRösti @SVPch pic.twitter.com/81EVCgAyPW
— Pentti Aellig (@PenttiAellig) August 18, 2019
Der Schaffhauser SVPler Pentti Aellig forderte den nationalen Parteichef gar zum Handeln auf. «Lieber Albert (Rösti), stoppe dieses Sujet», schrieb er auf Twitter.
Haben in der SVP nur die Chefs eine Stimme?
Die Wirkung dieser SVP-internen Kritik? Keine. Dass das Plakat trotz Widerstand in allen Kantonen aufgehängt wurde, stösst auf Unverständnis.
Besonders bei jenen, die auf kantonaler Ebene mit der SVP zusammenarbeiten müssen. Wie etwa Angela Penkov von der Alternativen Liste (AL) Schaffhausen.
Dass die Plakate in ganz Schaffhausen zu sehen seien, bedeute «entweder, dass die Strukturen in der SVP nicht wirklich demokratisch sind. Dass von der Parteispitze über die Basis hinweggegangen und diktiert wird, was umgesetzt werden muss.»
Das sei alles andere als gut-schweizerisch. Es gäbe aber auch eine zweite Möglichkeit: «Dass die Kantonalparteien eigentlich sehr wohl hinter dem Plakat stehen.» Dann hätte man sich bloss aus Image-Gründen kurz dagegen gestellt.
Protest in Schaffhausen
Beides erschreckend genug, um dagegen zu protestieren. Gegner des Plakats schlossen sich darum in Schaffhausen zum Komitee «Würmer gegen Stürmer» zusammen.
«Wenn die SVP sämtlichen anderen Parteien unterstellt, destruktive Politik zu betreiben, dann muss man daraus schliessen, dass sie nur die Alleinherrschaft als sinnvoll ansehen. Ob das noch demokratisch ist, stellen wir infrage», sagt Penkov im Namen des Komitees.
Auf die Worte folgten heute Samstag Taten: Verkleidet als Würmer störte das Komitee eine Standaktion der SVP in der Schaffhauser Innenstadt. Damit wolle man «die Bevölkerung vor Ort daran erinnern, wer für die Plakate verantwortlich ist. Und was die Alternative zu dieser Hasspolitik ist», erklärt Penkov.
Zugleich werden auch die SVPler selber erneut mit dem Plakat ihrer nationalen Partei konfrontiert. Und allenfalls in eine Diskussion über Selbstbestimmung versus Parteigläubigkeit verwickelt.
Wurm-Kostüm bleibt für Kindergeburi
Viel Aufwand, für ein einziges, ärgerliches Plakat? «Es ist nicht nur das Wurmplakat: Die SVP ist eine menschenverachtende Partei. Sie spart bei den Ärmsten. In der Entwicklungshilfe, in der Sozialhilfe, im Asylwesen und bei der Krankenkassenverbilligung.»
Die Wurm-Kostüme übrigens werden auch nach der politischen Aktion in Gebrauch bleiben. «An Kindergeburtstagen und anderen Festen», so Penkov.