Ehemann genervt: «Alle fassen meiner schwangeren Frau an den Bauch»
Ein Nau.ch-Leser nervt sich fürchterlich, dass seine schwangere Frau oft ungefragt am Babybauch angefasst wird. «Ein generelles Problem», erklärt eine Hebamme.
Das Wichtigste in Kürze
- Schwangere Frauen werden immer wieder ungefragt an ihren Babybäuchen betatscht.
- «Eine Verletzung der persönlichen und körperlichen Integrität», findet eine Hebamme.
Nau.ch-Leser Stefan K.* (30) ist empört. Er und seine Ehefrau (28) schweben aktuell im Babyglück. Im Sommer soll es so weit sein, die beiden erwarten ihren ersten gemeinsamen Nachwuchs.
Doch je näher der Termin rückt, desto besser ist auch das Bäuchlein seiner Liebsten zu erkennen. Und das stellt sich für die beiden als reine Geduldsprobe heraus. Denn die Frau wird seither immer wieder ungefragt am Bauch betätschelt – auch von Wildfremden.
Eine herzliche Geste? Nicht so für die 28-Jährige, die findet das nämlich einfach nur unangenehm. Und auch Stefan K. selbst kann das Verhalten nicht nachvollziehen. «Wieso machen Menschen so etwas? Grenzt dies nicht schon an Belästigung?», fragt er.
Ob beim Einkaufen, Spazieren, bei der Arbeit oder an Familienfesten – es passiere überall. Dabei ist er sich sicher: Niemand wird doch gerne von fremden Menschen angefasst. Weder er noch seine Frau hätten sich bisher aber getraut, etwas zu sagen.
«Verletzung der persönlichen und körperlichen Integrität»
Anja Schlenker, Hebamme und Masterstudentin an der Berner Fachhochschule kennt das Phänomen gut: «Das passiert tatsächlich immer mal wieder», sagt sie gegenüber Nau.ch. Die dreifache Mutter spricht aus eigener Erfahrung, in der sie sich zudem durch den Austausch mit Kolleginnen bestätigt fühlt.
Dass andere Menschen einen ungefragt anfassen, löse ein «ungutes Gefühl aus», sagt sie. «Es ist eine Verletzung der persönlichen und körperlichen Integrität.»
Diese Grenze dürfe aber nicht aufhören zu existieren, nur weil eine Frau schwanger sei, sagt sie.
«Es ist schön, dass die Leute sich freuen, aber eine schwangere Frau ist nicht nur ein Container», stellt Schlenker klar. Sie erklärt sich das Phänomen unter anderem durch den «Jööh-Effekt». Die Menschen seien begeistert und würden Anteil nehmen wollen, deshalb berühren sie ungefragt Babybäuche – oder später auch Babys.
In ihrer Tätigkeit als Hebamme an der Uniklinik Leipzig (D) rate sie Betroffenen, auf ihre Intuition zu hören. «Wenn sich jemand wegen einer Berührung unwohl fühlt, dann wird damit meist auch eine Grenze überschritten. Dann darf man auch Nein sagen und Grenzen setzen», betont sie.
Sie wünscht sich ein stärkeres Bewusstsein, damit es gar nicht zu solchen Situationen kommt.
*Name der Redaktion bekannt