Eine Million Mieter zahlen zu viel fürs Wohnen
In der Schweiz muss jeder fünfte Mieter mehr als ein Drittel seines Lohns für den Wohnraum ausgeben. Geringverdienende kommen bald noch mehr in Bedrängnis.
Das Wichtigste in Kürze
- Rund 20 Prozent der Mieter wenden über ein Drittel ihres Lohns für die Wohnung auf.
- Die Niedrigverdiener geraten im Sommer wohl noch mehr in Bedrängnis.
- Experten schätzen im Herbst einen Mietzinsanstieg von 4 Prozent.
Rund 20 Prozent der Mieter in der Schweiz geben über ein Drittel ihres Lohns für die Wohnung aus – laut Budget-Faustregel zu viel. Bei einem Mieteranteil von etwa 60 Prozent der Bevölkerung entspricht das einer Million Menschen. Sie erhalten einen Bruttolohn von unter 5000 Franken im Monat.
Einige Mieter geben nach Angaben von Caritas sogar mehr als die Hälfte ihres Einkommens für die Wohnung aus. Die Regel, wonach der Mietzins ein Drittel des Einkommens nicht übersteigen sollte, können viele also schon heute nicht einhalten.
Mietzins und Nebenkosten steigen
Die Lage wird sich in den kommenden Monaten höchstwahrscheinlich noch verschärfen, schreibt die «SonntagsZeitung». Im Juni dürfte der Referenzzinssatz um 0,25 Prozentpunkte ansteigen. Das erlaubt eine Mietzinsanpassung um 3 Prozent auf den nächsten Kündigungstermin.
Dazu erwarten Experten der Credit Suisse im Herbst einen Mietzinsanstieg von 4 Prozent. Vermieter können zusätzlich die Teuerung im Umfang von maximal 40 Prozent auf die Mieten abwälzen.
Für die Mieter kommt es sogar noch dicker: Wegen der gestiegenen Preise werden auch die Nebenkosten viel höher ausfallen. Gemäss der Credit Suisse handelt es sich um einen Anstieg von 40 Prozent.
Die betroffenen Menschen in der Schweiz können dabei nicht auf steigende Löhne zählen. Im Niedriglohnsektor ist die Bezahlung in den vergangenen Jahren nicht genügend erhöht worden. Die steigenden Mietkosten können somit nicht kompensiert werden.
Geringverdiener doppelt gestraft
Insgesamt sind die Mieter mit geringem Einkommen doppelt gestraft. Sie leben meist in älteren Gebäuden mit Gas- oder Ölheizung und schlechter Isolierung.
Eine individuelle Nebenkostenabrechnung gäbe es häufig nicht, sagt Generalsekretärin Linda Rosenkranz vom Mieterinnen- und Mieterverband Schweiz (MV). Wer also Energie spart, profitiere nicht davon.
Caritas und der Mieterverband fordern nun mehr bezahlbare Wohnungen. Doch Gemeinden seien nicht an bezahlbarem Wohnraum interessiert, sagt Lorenz Bertsch von der Caritas zur «SonntagsZeitung». «Dann ziehen dort Menschen mit tiefen Einkommen oder Sozialhilfebezüger ein, die den Gemeinden kaum Steuern, sondern Mehrkosten bescheren.»