Eine Person im Doppelzimmer ist teurer als zwei – Singles schimpfen
Wer alleine reist, ist gegenüber Paaren in einigen Belangen benachteiligt. So bei Hotelpreisen, sagt Pro Single Schweiz. Die Präsidentin erklärt, wo es hapert.
Das Wichtigste in Kürze
- Wer alleine in die Ferien fährt, reibt sich oft die Augen ob der Hotelpreise.
- Denn der Preisunterschied zu Paaren ist oft nur minim.
- Pro Single Schweiz fordert mehr Entgegenkommen. Hotelleriesuisse verteidigt die Praxis.
Wer jetzt erst seine Sommerferien bucht, muss bei der Suche nach der geeigneten Unterkunft wohl etwas tiefer in die Tasche greifen als Frühbucher. Hotelpreise können Bauchweh bereiten. Vor allem Alleinreisenden. Denn diese klagen seit Jahren darüber, dass sie bei den Hotelpreisen benachteiligt werden.
Eine, die in dieser Hinsicht schon viele – positive und negative – Erfahrungen gemacht hat, ist Sylvia Locher. «Die Hotelpreise sind natürlich ein grosses Problem», sagt die Präsidentin von Pro Single Schweiz gegenüber Nau.ch. Es leuchte zwar ein, dass eine einzelne Person ein Doppelzimmer nicht zum halben Preis haben könne. «Aber ein moderater Aufschlag wäre sicher machbar, falls der Hotelier Alleinreisende überhaupt will», betont sie.
«Zu klein, zu schäbig, kein Balkon»
Gibt es in einem Hotel Einzelzimmer, sind diese oft deutlich weniger attraktiv als die Doppelzimmer: «Zu klein, zu schäbig, kein Balkon, Nordseite, neben dem Dampfabzug der Küche etc.», schildert Locher die Erfahrungen ihrer Mitglieder. Diese Einzelzimmer dann auch noch zu übersetzten Preisen zu vermieten, sei «eine Frechheit».
So hatte Pro-Single-Mitglied Heidi Bründler für einen Kurztrip im Südtirol ein Hotel gesucht. Sie stiess auf ein Angebot für eine Gartensuite für vier Nächte zu 336 Euro pro Person im Doppelzimmer inklusive Verwöhnpension. Also 772 Euro für zwei Personen. Bei ihrer Preisanfrage für eine Person erhielt sie eine Offerte für 806.40 Euro für das gleiche Angebot. Sie hätte somit sogar 34.40 Euro mehr bezahlt als zwei Personen.
Es gibt aber auch die positiven Beispiele. Rund 20 Hotels hat Pro Single Schweiz auf seiner Website als fair gegenüber Alleinreisenden gelistet. Darunter das Hotel Seegarten in Arbon TG. Sylvia Locher buchte dort ein Einzelzimmer und konnte «für einen äusserst moderaten Aufpreis unter 20 Franken» noch ein Arrangement für ein Drei-Gang-Menu, zwei Museumseintritte und ein Mietvelo buchen.
Locher staunte und war sich nicht sicher, ob es sich nicht um einen Fehler gehandelt hatte. Somit fragte sie beim Auschecken nach. Man erklärte ihr, dass das tatsächlich stimme. «Um die teureren Einzelzimmerpreise zu kompensieren, wolle man mit diesem Upgrade etwas für Einzelreisende tun. Es geschehen also noch Zeichen und Wunder», so die Präsidentin von Pro Single Schweiz.
Zimmer muss so oder so gereinigt und geheizt werden
Der Verband Hotelleriesuisse streitet nicht ab, dass Alleinreisende im Verhältnis mehr für ein Zimmer bezahlen als zwei Personen. Vinzenz van den Berg, Leiter Unternehmenskommunikation, erklärt dies folgendermassen: «Ein Zimmer verursacht unabhängig von der Anzahl der Gäste bestimmte Fixkosten, unter anderem Reinigung, Energiekosten oder die Bereitstellung von verschiedenen Dienstleistungen. Daher ist der Preis für ein Einzelzimmer oder die alleinige Nutzung eines Doppelzimmers oft ähnlich wie der Preis für ein Doppelzimmer.»
Das möge bis zu einem gewissen Grad zutreffen, sagt Sylvia Locher. Auf der anderen Seite falle der zusätzliche Aufwand für Kinder im Zimmer dann meist weniger ins Gewicht, findet sie.
«Keine Betriebe bekannt, die Einzelreisende abweisen»
Van den Berg verteidigt die Haltung der Schweizer Hoteliers gegenüber Singles. Die Bedürfnisse von Alleinreisenden würden von der Schweizer Beherbergungsbranche zunehmend erkannt und berücksichtigt. «Uns sind keine Betriebe bekannt, die Einzelreisenden negativ gegenüberstehen oder diese abweisen würden.»
Die Branche sei zudem bestrebt, allen Gästen einen hohen Standard an Service und Gastfreundschaft zu bieten, unabhängig davon, ob sie alleine, als Familie oder in Gesellschaft von Freunden reisen, betont er.
Es gebe Betriebe, so van den Berg, die spezielle Pakete und Angebote für Alleinreisende anbieten würden. Wie beispielsweise Wellness-Packages, massgeschneiderte Sportangebote oder Retreat-Wochen in Gruppen. «Dies ändert jedoch nicht, dass die Fixkosten für die Betriebe pro Zimmer dieselben bleiben», hält er fest.
Sylvia Locher hingegen findet, die Hotelbetriebe müssten mehr für Alleinreisende tun. Sie könne nicht verstehen, dass sich der Tourismus nicht mehr kreative Gedanken darüber mache, wie Alleinreisende abgeholt werden können. «Ich bin sicher, dass letztere gerade in der Schweiz viele Kurzurlaube buchen würden, wenn man ihnen entgegenkäme.»