Experten: «Immunität gegen Coronavirus hält wohl nur kurzfristig an»
Das Wichtigste in Kürze
- Drei Personen haben sich ein zweites Mal mit dem Coronavirus angesteckt.
- Schweizer Experten halten es deshalb für möglich, dass die Immunität nur kurz anhält.
- Weitere Studien seien nötig.
Anfang Woche wurden Fälle von Personen bekannt, die sich ein zweites Mal mit dem Coronavirus angesteckt hatten. Der erste bekannte Fall ist ein 33-Jähriger aus Hongkong, der sich nach 4,5 Monaten erneut ansteckte. Weiter hat sich ein älterer Patient in den Niederlanden ein zweites Mal angesteckt. In Belgien wurde eine Frau nach drei Monaten erneut positiv getestet.
Es sind die ersten bestätigten Fälle einer Zweitinfektion weltweit. Die genetischen Codes der Viren bei der zweiten Infektion unterscheiden sich deutlich von der ersten. Daraus konnten die Ärzte schliessen, dass es sich um eine neue Infektion handelt, und nicht ein Wiederaufflammen der ersten Infektion.
Keine Immunität gegen Coronavirus?
Heisst das also, dass eine überstandene Erkrankung mit dem Coronavirus einen gar nicht schützt?
Daniel Speiser, Immunologe von der Universität Lausanne und Mitglied der Science Task Force des Bundes, sagt: «Dieser Fall könnte eine Bestätigung sein, dass die Immunität, welche durch die SARS-CoV-2 Infektion induziert wird, nur schwach und kurzfristig ist.»
Heisst: möglicherweise hält die Immunität gegen das Coronavirus nur kurz an. Damit ist möglich, dass man sich nach überstandener Krankheit erneut ansteckt.
Laut Speiser weisen verschiedene Studien darauf hin. Damit wäre die Situation ähnlich wie bei den verbreiteten Erkältungs-Coronaviren. «Doch braucht es mehr solcher Fälle und viele weitere Studien um sicher zu sein», so Speiser weiter.
Tanner: «Diese Fälle sind noch selten»
Marcel Tanner, Epidemiologe von der Universität Basel und ebenfalls Mitglied der Science Task Force, kommt zum selben Schluss: «Die Immunantwort gegen Sars-CoV-2 erscheint relativ kurzlebig und nicht alle Menschen, die Antikörper zeigen, besitzen auch neutralisierende, schützende Antikörper.»
Was bedeutet diese neue Erkenntnis für den Umgang mit dem Coronavirus? Tanner weist darauf hin, dass diese Fälle noch selten seien. Sie stellten für die gegenwärtigen Kontrollstrategien keine neuen Herausforderungen dar, so der Epidemiologe.
Speiser: Impfungen könnten besser schützen als Infektion
Immunologe Speiser setzt die Hoffnungen in die Entwicklung eines Impfstoffes. «Die Daten zeigen, dass gute Impfungen bessere Immunität induzieren können als die Infektion selbst – das wäre sehr nützlich.»
Das würde bedeuten, dass eine Impfung der bessere Schutz vor einer Corona-Erkrankung ist als eine überstandene Krankheit. Für Speiser ist jedoch wichtig, dass die Bevölkerung von der Impfung überzeugt ist. Dafür müsse die Impfung sorgfältig geprüft und nur dann eingesetzt werden, wenn sie sicher und nützlich sei.