Explodierende Prämien: Kantone missachten das Krankenkassengesetz
Die Krankenkassenprämien steigen und steigen. Schuld sind auch die Kantone, die sich nicht ans Krankenkassengesetz halten.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Tarif für dieselbe Behandlung unterscheidet sich von Spital zu Spital.
- Damit verstossen die Kantone gegen das Gesetz und treiben die Kosten in die Höhe.
- Der Preisüberwacher fordert daher ein Eingreifen vonseiten des Bundes.
Die Krankenkassenprämien steigen und steigen – dieses Jahr explosionsartig. Ein Grund dafür: Die Kantone nicken zu hohe Tarife für Spitalbehandlungen ab. Wie die «Sonntagszeitung» schreibt, zeigt ein Tarifüberblick des Preisüberwachers grosse Preisunterschiede bei allen häufigen stationären Behandlungen.
So kostet die Behandlung eines Herzinfarkts eines Assura-Versicherten in der Clinica Santa Chiara im Tessin 5653 Franken. Am Unispital Zürich wird die Grundversicherung mit 7087 Franken belastet.
Dabei schreibt das Krankenversicherungsgesetz eigentlich vor, dass sich die Preise bei jenen der günstigsten Spitäler anzusetzen sind. Einzelne Spitäler haben keinen Anspruch auf Kostendeckung.
Kantone missachten das Krankenversicherungsgesetz
Allerdings halten sich die Kantone nicht an diese Gesetzgebung. Selbst innerhalb eines Kantons kommt es zu Preisunterschieden. Ein Beispiel aus dem Kanton Bern: Die Helsana zahlt für eine Geburt in der Privatklinik Linde 5306, im Regionalspital Emmental 5496 und im Inselspital 6241 Franken.
Preisüberwacher Stefan Meierhans stellt fest: «Die Spitäler wollen zu viel Geld. Die Versicherer verhandeln schlecht. Die Kantonsregierungen genehmigen zu hohe Tarife. Und der Bundesrat hat nichts gemacht gegen den Interessenkonflikt der Kantone.»
Der Bundesrat solle endlich einen national einheitlichen Tarifmassstab festlegen, so Meierhans. Gleiches fordern die Krankenkassenverbände Curafutura und Santésuisse.
Einsparpotenzial von 500 bis 625 Millionen Franken im Jahr
Tatsächlich hatte der Bundesrat vor drei Jahren genau das vor. Wie die «Sonntagszeitung» berichtet, wollte der Bundesrat, dass das günstigste Viertel der Spitäler die Preise vorgeben. Die Kantone stellten sich allerdings dagegen. Sie fürchteten sich vor Spitalschliessungen und sahen im Entwurf eine Kompetenzüberschreitung seitens des Bundes.
Das Bundesamt für Gesundheit will nun einen neuen Anlauf nehmen; zumindest arbeitet es an einem neuen Verordnungsentwurf. Preisüberwacher Meierhans beziffert das Einsparpotenzial auf eine halbe Milliarde Franken jährlich. Der Krankenkassenverband Curafutura kommt auf 625 Millionen Franken im Jahr. Das entspräche einer Entlastung der obligatorischen Kassen von 0,7 Prozent.