Zum ersten Mal zieht ein Fluglotse für einen Zwischenfall vor Gericht, obwohl niemand verletzt wurde. Das könnte künftige Fehlermeldungen erschweren.
Zwei Flugzeuge auf dem Flughafen Zürich.
Der Fluglotse gab zwei Flugzeugen gleichzeitig die Starterlaubnis. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Fehler eines ehemaligen Fluglotsen führte beinahe zum Crash zweier Airbus-Maschinen.
  • Ein Pilot erkannte die Gefahr rechtzeitig und konnte den Start noch abbrechen.
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Weil er zwei Flugzeugen gleichzeitig die Starterlaubnis erteilte, muss sich ein 36-jähriger ehemaliger Fluglotse morgen Dienstag vor dem Zürcher Obergericht verantworten. Sein Fehler hatte im März 2011 beinahe einen Crash von zwei Airbus-Maschinen zur Folge.

Der Skyguide-Mitarbeiter erteilte zwei Flugzeugen mit insgesamt mehr als 260 Passagieren an Bord unmittelbar nacheinander die Starterlaubnis – allerdings auf zwei Pisten, die sich kreuzen.

Die Piloten der einen Maschine erkannten glücklicherweise die Gefahr und brachen den Start gerade noch rechtzeitig ab. Auch der Lotse befahl Startabbruch, allerdings erst im Nachhinein. Im Cockpit der anderen Maschine blieb die Gefahr unbemerkt.

Nichts passiert

Das Bezirksgericht Bülach hatte den Fluglotsen, der mittlerweile im Hintergrund der Flugsicherung arbeitet, im Dezember 2016 noch freigesprochen. Der Lotse könne nicht für etwas verurteilt werden, das gar nicht passiert sei, fand das Gericht. Das Gericht äusserte zudem Verständnis für die stressige Arbeitssituation des Lotsen.

Kritik äusserte das Gericht damals am Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL). Komme es jemals zu einem Unfall, seien nicht die Lotsen schuld, sondern die komplizierte Situation am Flughafen Zürich. Für die sich kreuzenden Pisten trage das BAZL die Verantwortung.

Die Staatsanwaltschaft fordert aber eine Verurteilung wegen fahrlässiger Störung des öffentlichen Verkehrs, weshalb sie den Fall vor Obergericht gezogen hat. Sie fordert eine bedingte Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu 100 Franken.

Auswirkungen auf die Fehlerkultur

Dieser Fall ist der erste in der Schweiz, bei dem sich ein Fluglotse juristisch für einen Zwischenfall verantworten muss, obwohl niemand zu Schaden kam. Kommt es zu einem Schuldspruch, fürchtet die Flugsicherung Skyguide um ihre Fehlermelde-Kultur.

Sie geht davon aus, dass Fehler aus Furcht vor juristischen Konsequenzen seltener gemeldet würden. Schwachstellen zu erkennen und daraus zu lernen würde dann schwieriger.

Inzwischen ist ein zweiter, ähnlicher Fall am Bezirksgericht Bülach hängig. Auch dort geht es um einen Lotsen-Fehler, der beinahe zu einem Zusammenstoss zweier Flugzeuge geführt hätte.

Ein Urteil wollte das Gericht nach dem Prozess im September aber nicht fällen. Es will zuerst den Gutachter eingehender befragen. Dies wird im Januar 2019 der Fall sein.

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