Bern: Frau ist erst «Person 2» - Ärger um Steuererklärungen

Karin Aebischer
Karin Aebischer

Bern,

Eine frisch verheiratete Bernerin staunt nicht schlecht, als sie sich beim Steuerbogen nicht als erste Person eintragen kann. Dies ist dem Ehemann vorbehalten.

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Frauen kommen bei vielen Steuererklärungen immer erst an zweiter Stelle. (Symbolbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Auf vielen Schweizer Steuerbögen steht: Person 1 (Ehemann) – Person 2 (Ehefrau).
  • Das eckt bei einigen Frauen an.
  • Viele Kantone haben das System überarbeitet. Aber nicht alle.

Als Frisch-Verheiratete wollte Elina B. * aus Bern kürzlich zum ersten Mal die gemeinsame Steuererklärung ausfüllen. Sie wurde aber stutzig, als sie sich bei den Personalien ausschliesslich als Person 2 eintragen konnte. Denn: Die Felder bei Person 1 sind dem Ehemann vorbehalten.

«Das dünkt mich sehr altbacken!», sagt die 36-Jährige zu Nau.ch.

Vor allem auch, weil sie in der Beziehung die Haushalts-Finanzen besser im Überblick hat und stets die Steuererklärung in Angriff nimmt.

Dominik Rothenbühler, Co-Leiter und Kommunikationsverantwortlicher der Berner Steuerverwaltung, bestätigt das Dilemma auf Anfrage. Bei verheirateten Paaren, die als gemeinsames Steuerobjekt besteuert werden, ist der Ehemann jeweils die Person 1 und die Ehefrau die Person 2. Und tatsächlich: Die Frau kann sich nicht bei Person 1 eintragen.

Weshalb? Rothenbühler verweist auf eine Antwort eines Postulats aus dem Jahr 2020. Dort hält die Regierung fest, dass dies «zu keiner Benachteiligung» führe und es auch nicht bedeute, dass die Steuerverwaltung den Ehemann als Haupteinkommensbezüger oder als primäre Ansprechperson betrachte. Es sei schlicht kostengünstiger und technisch gesehen weniger risikoreich.

Haben Sie Ihre Steuererklärung schon ausgefüllt?

Zudem tue sich stets was, beteuert Rothenbühler. «Die Steuerverwaltung ist laufend daran, die Funktionalitäten Richtung Gleichstellung zu verbessern.» So ist es gemäss Postulats-Antwort mittlerweile möglich, dass die Daten beider Eheleute bei der Scheidung separat übertragen werden – und nicht nur dem Mann weiterhin zugänglich sind.

«Zudem ist es uns ein Anliegen, geschlechtergerecht zu kommunizieren», so der Medienchef der Steuerverwaltung.

In Zürich anders geregelt

Bern ist nicht der einzige Kanton, bei dem die Person 1 als Ehemann und die Person 2 als Ehefrau aufgeführt wird. Das ist unter anderem auch in Zürich der Fall. Denn: «In der Regel stellen wir fest, dass sich der Ehemann in der Steuererklärung als ‹Person 1› einträgt und die Ehefrau als ‹Person 2›», erklärt Reto Flury, Kommunikationsbeauftragter der Zürcher Finanzdirektion.

Person 1
Bei den Personalien steht bei Person 1 in Klammer immer der Ehemann. - Screenshot/Finanzverwaltung Zürich

Dennoch gibt es einen grossen Unterschied: Anders als in Bern ist es in Zürich gemäss Flury möglich, dass sich die Ehefrau als «Person 1» und der Ehemann als «Person 2» einträgt. «Zu beachten ist einzig, dass die getroffene Wahl auch bei den entsprechenden Steuererklärungspositionen (Erwerbseinkünfte, etc.) konsequent weiter verwendet wird», führt er aus.

«Müssen geschlechterneutral eingetragen werden können»

Die Berner Fachstelle für Gleichstellung findet, dass Informatiklösungen und Formulare in allen Bereichen der Verwaltung geschlechtsneutral sein sollten. Konkret auch die Steuererklärung: «Aus Sicht der Gleichstellung wäre es sehr zu begrüssen, wenn die standardisierte Erstnennung des Mannes durch eine Lösung ersetzt würde, welche den modernen Rollenbildern entspricht», sagt Leiterin Barbara Ruf zu Nau.ch.

Auch Marianne Aeberhard, Geschäftsleiterin der NGO Humanrights.ch mit Sitz in Bern, fordert eine konsequente Änderung in dieser Sache: «Wir sind absolut der Meinung, dass das eine Anpassung im Sinne der Gleichstellung braucht. Und zwar müssen Person 1 und 2 geschlechterneutral eingetragen werden können», so Aeberhard.

*Name der Redaktion bekannt

Kommentare

User #1776 (nicht angemeldet)

Als verh. Frau welche seit Jahren die Steuern macht finde ich diese Diskussion durchaus nötig. In Luzern braucht es bei gewissen Sozialversicherungen die Unterschrift des Mannes, um die Gültigkeit zu erlangen. Das ist einfach nur rückständig.

User #4109 (nicht angemeldet)

> Die Schweiz mit ihren Luxusproblemen, währenddessen auf der Welt Krieg und Terror die Schlagzeilen dominieren! Es ist ja auch eine Werbeschleuder ohne Mehrwert für Boomer.

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