Freikirchler und konservative Muslime werden zur Gefahr für Schwule
Konservative Christen und Muslime haben sich gegen einen schwulen Lehrer verbündet. Das dürfte in Zukunft öfter auftreten, warnt Religionsexperte Georg Schmid.
Das Wichtigste in Kürze
- In Pfäffikon ZH haben christlich-konservative Eltern einen homosexuellen Lehrer gemobbt.
- Schliesslich wurde er entlassen.
- Ist der Einfluss von Freikirchen auf Schulen zu gross? Experten ordnen ein.
Dieser Fall mutet nicht aus dem Jahr 2024 an: Ein Primarlehrer wird gemobbt und schliesslich entlassen, weil er schwul ist. So geschehen aktuell in Pfäffikon ZH.
Antreiber des Konflikts waren christlich-konservative Eltern, die nicht akzeptieren konnten, dass der homosexuelle Lehrer ihre Kinder unterrichtet. Unter anderem auch in Sexualkunde.
Die gegen den Lehrer erhobenen Vorwürfe hatten sich als haltlos herausgestellt. Dennoch war der Druck der Eltern zu gross – der Lehrer verlor seinen Job.
«Konservative verbinden sich über Religionen hinweg»
Dass diese Gruppe von Eltern die Kündigung des Lehrers erzwingen konnte, findet Theologie-Professorin Isabelle Noth bedenklich, wie sie gegenüber Nau.ch erklärt. «Dieser Fall zeigt, dass sich das Konservative-Rückständige über Religionen hinweg verbinden und auf diese Weise Macht erhalten kann.» Die Freikirchler holten sich nämlich Unterstützung bei drei muslimischen Elternpaaren.
Zum Problem werde das Ganze dann, wenn eine Gruppe damit auch etwas bewirken könne, erklärt die Religionspsychologin. «Es wird gefährlich, wenn es der Gruppe offenbar sogar gelingt, mit ihrem Druck rechtsstaatliche Prinzipien wie die Fürsorge-Pflicht gegenüber einem Arbeitnehmer zu umgehen», warnt Isabelle Noth.
Und im Zentrum müssten ja eigentlich die Kinder stehen. «Das ist eine pädagogische Katastrophe.»
Religionsexperte rechnet mit Zunahme des Phänomens
Der Einfluss von Freikirchen auf öffentliche Schulen in der Schweiz sei eher klein, sagt Religionsexperte Georg Schmid von der evangelischen Informationsstelle Relinfo. Wofür der Fall Pfäffikon aber ein Beispiel sei: «Den freikirchlichen Eltern gegenüber zeigte die Schulleitung harte Kante. Erst als muslimische Eltern mit auf den Plan traten, knickte sie ein», so Schmid.
Dieses Phänomen habe sich auch andernorts schon so gezeigt. «Sodass damit zu rechnen ist, dass konservativ-freikirchliche Kreise für ähnliche Anliegen in Zukunft vermehrt die Zusammenarbeit mit konservativ-muslimischen Kreisen suchen werden», zeigt Schmid auf.
Pink Cross sammelte 9000 Unterschriften
Der Zürcher Lehrer-Verbandspräsident Christian Hugi übte nach Bekanntwerden des Vorfalls scharfe Kritik an der betroffenen Schule. «Wie jeder Arbeitgeber steht die Schule in der Pflicht, ihre Arbeitnehmer vor ungerechtfertigten Angriffen zu schützen.» Das sei in diesem Fall nicht ausreichend geschehen.
Pink Cross schaltete sich ebenfalls ein. 9000 Unterschriften sammelte der nationale Dachverband der schwulen und bisexuellen Männer und konnte nun damit erwirken, dass sich Schulpräsident Hanspeter Hugentobler (EVP) mit Pink Cross zum Gespräch trifft. Dieses soll nach den aktuellen Zürcher Schulferien stattfinden.
Nach dem Eklat meldete sich erst diese Woche auch die betroffene Schulpflege zu Wort. Und gestand Fehler ein. Bei der Auflösung des Arbeitsverhältnisses zwischen einer Lehrperson und der Schule sei es zu «Unregelmässigkeiten im Prozess zwischen Schulleitung, Leiter Bildung und Schulpflege sowie zur Missachtung von Verfahrensvorschriften und Vorgaben gekommen.»