Glarner Landsgemeinde findet nach zweieinhalb Jahren wieder statt
Am Sonntag findet nach zweieinhalbjähriger coronabedingter Pause wieder eine Glarner Landsgemeinde statt. Die Stimmberechtigten erwartet ein Traktanden-Marathon.
Das Wichtigste in Kürze
- 2020 fiel der wichtigste Politikanlass des Glarnerlandes wegen der Pandemie ganz aus, dieses Jahr findet er mit viermonatiger Verspätung statt.
Die Glarnerinnen und Glarner müssen deshalb nicht nur die Geschäfte dieses Jahres bewältigen, sondern auch die des Vergangen.
Die Stimmberechtigten besammeln sich um 9.30 Uhr auf dem Zaunplatz in Glarus. 23 Wahl- und Sachthemen sollen sie im Ring anpacken. Das sind zwei bis dreimal so viele als üblich. Somit dürfte die Landsgemeinde die Längste seit vielen Jahren werden. Weil im Ring zudem Maskenpflicht gilt, könnte die Versammlung für viele zur Herausforderung werden.
Die Regierung hat deshalb eine Zeitlimite gesetzt. Sollten um 14 Uhr nur noch wenige Traktanden zur Beratung anstehen, werden die Verhandlungen mit den letzten dringenden Geschäften abgeschlossen. Die nicht dringlichen Traktanden werden auf nächstes Jahr verschoben.
Ist um 14 Uhr aber eine grössere Anzahl von Geschäften nicht erledigt, wird schon eine Woche später eine zweite Landsgemeinde abgehalten. Die Regelung soll sicherstellen, dass die Geschäfte trotz ihrer grossen Zahl nicht unter Zeitdruck verhandelt werden.
Maskenpflicht und die Option einer zweiten Landsgemeinde sind nicht die einzigen Besonderheiten der diesjährigen Versammlung. Mehrere Geschäfte müssen nachverhandelt werden. Sie wurden 2020 wegen ihrer Dringlichkeit vom Parlament, dem Landrat, erlassen, anstatt von der - ausgefallenen - Landsgemeinde und müssen nun bestätigt werden.
Es geht dabei etwa um den Steuerfuss 2021 oder die Wahl von Regierungsrätin Marianne Lienhard zur Frau Landammann (SVP) und die von Regierungsrat Benjamin Mühlemann (FDP) als ihrem Stellvertreter.
Weiter muss die Landsgemeinde über Massnahmen befinden, welche der Regierungsrat per Notverordnungsrecht traf. Es handelt sich insbesondere um ein Corona-Hilfspaket für die Wirtschaft von 40 Millionen Franken.
Unter den weiteren - regulären - Geschäfte sind einige Schwergewichte. Zu diskutieren geben wird die von den Jungfreisinnigen geforderte Abschaffung der Kirchensteuer für Unternehmen.
Ein schwerer Brocken ist auch die Änderung des Pflege- und Betreuungsgesetzes, mit der ein duales System eingeführt werden soll. Die Verantwortung für die Langzeitpflege geht dabei von den Gemeinden auf den Kanton über, die Alters- und Pflegeheime bleiben aber im Besitz der Kommunen.
Mehrere Traktanden betreffen Umweltthemen. Es geht um Solarstromanlagen und ökologischen Heizungsersatz, Wildruhezonen versus Wintersport und um Biodiversität.
Ruhe in die Ausnahme-Landsgemeinde bringen Traditionen, die unverändert weitergeführt werden. Der feierliche Einzug der Behörden in den Ring findet wie gewohnt statt und offizielle Gäste reisen ebenfalls an. Diesmal sind es Bundesrätin Karin Keller-Sutter (FDP) und die Regierung des Kantons Zug in corpore.
Und wenn die Stimmberechtigten das stundenlange «Raten, Mindern und Mehren» bewältigt haben, werden sich viele mit Kalberwurst, Kartoffelstock und Dörrzwetschgen stärken, dem klassischen Landsgemeinde-Menu. Der Landsgemeinde-Markt aber wurde abgesagt.