Heuballen entfernt – Tempo-20-Zoff im Zürcher Oberland eskaliert
In Gossau ZH soll der Ausweichverkehr eingedämmt werden. Die Gemeinde probiert es mit Heuballen. Die Anwohner freut es, die Autofahrer sind genervt.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Gemeinde Gossau ZH will den Durchgangsverkehr auf einer Quartierstrasse eindämmen.
- Dazu hat sie unter anderem Heuballen auf der Strasse ausgelegt.
- Die Anwohner freut es, Autofahrer nervt es. Letztere schieben die Heuballen einfach weg!
Verkehrsärger im Zürcher Oberland: Wer aus Zürich-Nord nach Rapperswil reisen will, der nutzt die Oberland-Autobahn. Diese ist zwischen Uster-Ost und der Verzweigung Betzholz aber nicht fertig ausgebaut.
Der Verkehr schlängelt sich daher durch die Dörfer, meist Wetzikon. Zu den Hauptverkehrszeiten kommt es zu Stau, es wird auf Nebenstrassen ausgewichen. Wer Wetzikon umfahren will, landet auf der Langweidstrasse bei Grüt in Gossau ZH.
Und dort herrscht Chaos: Die Gemeinde stellte Mitte Monat Heuballen auf, um den Durchgangsverkehr zu bremsen. Doch ein genervter Fahrer schob sie kurzerhand aus dem Weg und aufs Feld.
Anwohner jubeln
Jetzt greift die Gemeinde rigoros durch: mit Blumentöpfen und Betonklötzen auf der Strasse. Und sie setzt das Tempolimit für einen bestimmten Strassenabschnitt von 30 auf 20 Stundenkilometer herab. Die Anwohner jubeln!
«Das ist aber nur eine Notlösung», klagt ein Anwohner. «Vor allem morgens um sieben und nach Feierabend ist der Verkehr unerträglich.» Früher sei die Langweidstrasse nicht einmal asphaltiert gewesen.
«Es war eine Naturstrasse, eine ruhige Quartierstrasse ...» Doch dann kam der Teer, das erste Lichtsignal, die Autobahn. Und jetzt hofft er, dass die neuen Massnahmen den Verkehr endlich verlagern – zurück auf die Hauptverkehrsachsen.
Ein weiterer Anwohner bläst ins selbe Horn: «Der Durchgangsverkehr hier ist völlig unnötig! Es gibt genug Hauptstrassen, auf die man ausweichen könnte.»
Autofahrer fluchen
Natürlich gibt es aber auch andere Stimmen – jene der Autofahrer. «Die Massnahmen sind ein fertiger Seich», sagt ein erboster Taxifahrer zu Nau.ch.
«Entweder schliesst man die Strasse ganz oder lässt sie offen.» Tempo 20 sei ein Hohn, das Tempolimit sollte seiner Meinung nach mindestens 50 Stundenkilometer betragen.
Ein anderer Fahrer meint: «Es ist eine absolute Sauerei, dass man diese Strasse nun auch noch quasi zumacht.» Der Verkehr sei nie schlimm gewesen, gerast worden sei auch nicht. «Es hatte ja immer wieder Radarkästen da.»
Gemeinde will weniger Verkehr
Und die Gemeinde? Gossaus Gemeindeschreiber Thomas-Peter Binder bestätigt auf Anfrage von Nau.ch: «Wir wollen mit diesen Massnahmen die Durchfahrt stark einschränken und den Verkehr von der Langweidstrasse abhalten.»
Die Idee: «Je länger man braucht, um hier durchzufahren, desto eher bleibt der Durchgangsverkehr auf den dafür gut ausgebauten Kantonsstrassen.» Die Strohballen seien zur Simulation installiert worden. Und danach eben durch Betonelemente und Blumentöpfe ersetzt.
Und ja, natürlich habe es viele Reaktionen gegeben. «Mehrheitlich negative, aber auch etliche positive.» Wie immer bei Einschränkungen im Strassennetz brauche es in den ersten Tagen Geduld.
Der zukünftige Zustand wird simuliert
Die Heuballen sollen aber bald ersetzt werden. «Dann werden anstelle von Blumentöpfen Rabatten (bepflanzte Blumenbeete, Anmerkung d. Redaktion), Bäume und so weiter eingeplant.» Nach der Auswertung des aktuellen Versuchs wird entscheiden, wie weitergefahren wird.
Übrigens: Langfristig gesehen dürfte sich der Tempo-20-Knatsch in Gossau in Luft auflösen. Es existieren Pläne, die Autobahn im Zürcher Oberland im fehlenden Teilstück fertigzubauen.
Bis dahin dürfte aber noch das eine oder andere Auto über die Langweidstrasse brettern.