Hunderte Flaschen von verbotenem Bienengift noch im Umlauf
Von einem mit Fipronil kontaminierten Pflanzenschutzmittel wurden in der Schweiz über 1300 Einheiten verkauft. Wie kann so etwas passieren? Eine Spurensuche.
Das Wichtigste in Kürze
- In den Agrarzentren der Fenaco wurde ein Insektizid mit illegalen Inhalten verkauft.
- Von dem kontaminierten Produkt hat die Landi-Mutter über 1300 Flaschen verkauft.
- Das Gift kostete wohl mehrere Millionen Bienen in der Schweiz das Leben.
Ein Pflanzenschutzmittel der Landi-Mutter Fenaco hat wohl mehrere Millionen Bienen das Leben gekostet. Fipronil ist ein in der Schweiz und in der EU verbotenes Insektengift. Es wurde in dem eigentlich ungefährlichen Pflanzenschutzmittel Pirimicarb 50 WG nachgewiesen. Jetzt kommt raus: Von den mit illegalem Gift kontaminierten Flaschen wurden von der Fenaco über 1300 Stück verkauft.
Dunkelziffer vergifteter Bienen wohl riesig
Anja Ebener des Bienengesundheitsdienstes Apiservice ist besorgt: «Wir gehen von zahlreichen nicht bekannten Fällen aus». Eine genaue Einordnung sei aber schwierig. «Die Imker erkennen eine Vergiftung nicht sofort oder melden sie uns nicht».
Denn wenn ein Bienenvolk stirbt, gibt es zahlreiche Erklärungen. «Oft sind es Krankheiten oder Varroamilben. In diesem Jahr sind bei uns aber auch 16 Verdachtsmeldungen wegen Vergiftungen eingegangen.»
Landi will nichts mit dem Gift zu tun haben
Die Landi will mit dem Fall nichts zu tun haben. Eine Mediensprecherin sagt gegenüber Nau, dass die Landi das betroffene Mittel gar nicht vertreiben hätte, sondern nur die Fenaco. Das Pflanzenschutzmittel sei nur in den Fenaco-Agrarzentren erhältlich gewesen, welche für Otto Normalverbraucher gar nicht zugänglich seien.
Über 1300 kontaminierte Packungen verkauft
Fenaco-Mediensprecher Andrea Hohendahl bestätigt, sie würden das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) seit über einem Monat dabei unterstützen, die kontaminierten Packungen wieder aus dem Verkehr zu ziehen. Und das sind einige: Seit 2017 sind 1308 mit Fipronil versetzte Einheiten verkauft worden. Zurückgekommen sind bis jetzt 60, die Aktion läuft.
«Dank unserem digitalen Kundenmanagementsystem kennen wir sämtliche Käufer von Pirimicarb 50 WG». Diese wurden persönlich kontaktiert und sofort um die Rücksendung allfällig noch vorhandener Restposten der betroffenen Charge gebeten», präzisiert Heinz Mollet, Leiter der Division Agrar, das Vorgehen.
Komplizierte Spuresuche
Hersteller von Primicarb ist die indische Firma Sharda Cropchem. Von deren Fabriken kommt das Pflanzenschutzmittel über den Zwischenhändler Sintargo AG in die Regale der Landi. Bei dem Langenthaler Unternehmen Sintargo arbeitet man mit Hochdruck an einer Aufklärung des Skandals.
«In 20 Jahren Zusammenarbeit gab es bisher nie Probleme mit Sharda», sagt Jürg Burkhard von Sintargo. «Sharda ist informiert, sie klären das intern selber gerade ab. Wir haben die Importe für den Moment gestoppt.» Ein Vertreter sei herbestellt worden, Burkhard hofft auf eine Aussprache noch diese Woche.
Zugelassen hatte Pirimicarb das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW). Auf Anfrage bestätigt dieses, dass es sich nur um eine einzelne kontaminierte Charge des Pflanzenschutzmittels handeln würde. Andere vermarktete Partien seien kontrolliert und für nicht vergiftet befunden worden.
Bewilligungshalterin ist eine Briefkastenfirma
Merkwürdig ist allerdings, dass die Bewilligungshalterin der Zulassung eine Briefkastenfirma ohne Mitarbeiter ist. Deren Adresse läuft auf die Zürcher Treuhandfirma Renoviva, welche die Zusammenarbeit mit Sharda Cropchem vor wenigen Tagen gekündigt hat. Sie hatte bisher als Kontaktstelle für Sintargo und das BLW fungiert.
Für Burkhard ist das «natürlich nicht ideal». Renoviva hatte auf Anfrage «kein Interesse», sich zu den Umständen zu äussern. Ob und wie das die Zulassung des Pflanzenschutzmittels Pirimicarb in der Schweiz beeinflusst, konnte das BLW nicht sagen. Die Abklärungen laufen noch.