Kinder entsperren Handy von Eltern mit Foto
Die Gesichtserkennung zur Entsperrung des Handys kann praktisch sein. Allerdings birgt sie auch Gefahren – unter anderem, was die eigenen Kinder betrifft.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Tochter eines Nau.ch-Lesers schaftte es, mit einem Foto den Face Scan zu überlisten.
- Ein Experte erklärt, wie das technisch genau funktioniert.
- Man sollte die Handynutzung der Kinder immer beaufsichtigen, warnt Pro Juventute.
Ein Nau.ch-Leser staunt nicht schlecht. Seine Tochter war plötzlich an seinem Handy – ohne ihn gebeten zu haben, es für sie zu entsperren.
Es stellte sich heraus: Ihr gelang es, die Gesichtserkennung auszutricksen. Und zwar mithilfe eines Fotos. Wie geht das?
Auf Anfrage von Nau.ch erklärt Lothar Thiele von der ETH Zürich, dass es unterschiedliche Verfahren zur Gesichtserkennung gebe. Bei manchen Geräten brauche es nur eine Übereinstimmung des Gesichts und keine zusätzlichen Merkmale wie Bewegung.
Die Folge gemäss dem Digital-Experten: «So ist es auch für einen Algorithmus offensichtlich schwierig festzustellen, ob lediglich ein Foto vor die Kamera gehalten wurde.»
Neueste Handys haben teilweise 3D-Gesichtserkennung
Helfen könnte die 3D-Technologie, die mittlerweile in einigen Handys verbaut ist. «Voraussetzung sind spezielle Sensoren, die in der Lage sind, eine Tiefenkarte des Gesichts zu erstellen. Weithin können Infrarotsensoren verwendet werden, die ein Wärmebild des Gesichtes erstellen.» Bei diesen neuen Technologien ist ein Foto allein nicht mehr ausreichend.
Sollte man mit schlauen Kids oder Sicherheitsbedenken also ganz auf Gesichtserkennung zum Entsperren verzichten?
Der Experte empfiehlt in jedem Fall, sich bezüglich der Gesichtserkennung schlauzumachen. Es brauche aber letztlich eine gewisse Eigenverantwortung: «Jeder muss für sich das Risiko einer unerlaubten Benutzung des Mobiltelefons gegenüber der Bequemlichkeit der Entsperrung abschätzen.»
Freche Kids: «Wenn alles nichts hilft, muss Handy in Tresor»
Klar ist: Auch andere Entsperrungsmethoden bergen Risiken. PIN oder Muster können beispielsweise zu einfach gewählt werden, so Thiele. Zudem können sie an den Spuren auf dem Handy erkennbar sein. «Bei Kindern kommt vor allem das Risiko dazu, dass sie nach und nach Muster oder PIN bei den Eltern abschauen.»
Die Entsperrung per Fingerabdruck sei dagegen relativ sicher. Im Notfall helfen gemäss Thiele schliesslich auch physische Massnahmen: «Und wenn alles nichts hilft, dann muss das Handy eben in den Tresor.»
Expertin warnt vor Folgen der unbeaufsichtigten Nutzung
Auch Anja Meier von der Jugendorganisation Pro Juventute kennt das Risiko. Die Sicherheitsvorkehrungen können durchaus überwunden werden – auch von Kindern. «Kinder sind sehr clever und beobachten genau, wie ihr Umfeld mit Smartphones umgeht», so Meier.
Das kann gefährlich sein. Es sei wichtig, dass gerade jüngere Kinder die Smartphones nicht unbeaufsichtigt benutzen. Sonst könnten sie beispielsweise nicht altersgerechte Inhalte sehen oder auf falsche Links klicken. Mögliche Folgen: versehentlich getätigte Einkäufe oder verlorene Daten.
Allerdings sollte man auch nicht «auf Verbote und Bestrafungen setzen», sagt Meier. Pro Juventute empfiehlt, «eine offene Haltung gegenüber digitalen Medien zu haben. Aber auch klare und verständliche Regeln aufzustellen».