Kinder haben heute bessere Zähne – mit Ausnahmen
Die zahnärztliche Prävention wirkt. Schweizer Kinder haben heute bessere Zähne. Doch es gibt eine Gruppe an Kindern, die noch immer heraussticht.

Das Wichtigste in Kürze
- Kinder haben heute weniger Karies als noch früher.
- Zahnärzten geht die Arbeit aber nicht aus.
- Insbesondere bei migrantischen Kindern ist die Zahnhygiene noch weniger gut ausgeprägt.
Vor 60 Jahren hatten 12-Jährige durchschnittlich acht Zähne mit Karies.
Karies ist eine häufige Erkrankung der Zähne. Diese kann entstehen, wenn Bakterien den Zucker in der Nahrung zu Säure umwandeln und diese dann den Zahnschmelz angreift. Der Zahnschmelz bildet quasi eine Schutzschicht.
Bleibt die Karies unbehandelt, kann das zu einem Loch im Zahn und Zahnschmerzen führen.
Die Schweiz reagierte und führte die Schulzahnpflege ein. Fortan wurde an Schulen fleissig geputzt, der Fokus lag auf Prävention.
Kinder haben heute bessere Zähne
Mit Erfolg: Heute sind rund 60 Prozent der 12-Jährigen komplett kariesfrei. Den Zahnärzten geht die Arbeit aber nicht aus, wie eine Umfrage von Nau.ch zeigt.
Lea Recorder, Zahnärztin aus Baar ZG, bestätigt gegenüber Nau.ch: «Es ist richtig, dass die Kinder heutzutage recht gute Zähne haben.»
Dass aber deshalb weniger Patientinnen und Patienten die Praxis aufsuchen, sei nicht der Fall.
Auch der Luzerner Zahnarzt Jürg Luder sagt zu Nau.ch: «Die Zahl der jungen Patienten hat sich nicht grundsätzlich verändert.»
Zahnarzt: «Je höher die Bildung, desto weniger die Karies»
Die Anzahl sei etwa gleich wie früher, denn: «Da wir mehr Patienten mit Migrationshintergrund sehen und dort die Probleme oft grösser sind.»
Grundsätzlich stellt Luder eine Tendenz fest, dass mit zunehmendem Ausbildungsstand der Jugendlichen weniger Karies entsteht. «Sprich: Je höher die Bildung, desto weniger die Karies.»
Der Zahnarzt führt dies einerseits auf das bessere Bewusstsein für die Zahnhygiene zurück, andererseits auf den geringeren Zuckerkonsum.
Eine ähnliche Entwicklung sieht auch Tuan-Vu Nguyen, Zahnarzt aus Köniz BE, der jährlich über 400 Kinder in der Schulzahnpflege betreut: «Generell geht die absolute Anzahl der behandlungsbedürftigen Fälle zurück.»
Allerdings mache nach wie vor der Background einen grossen Unterschied.
«Manchmal kommen Kinder mit ihren Eltern. Und man kann bereits vorgängig abschätzen, ob die häusliche Mundhygiene gut oder mangelhaft sein wird.» Bei bestimmten Populationen sei das Kariesrisiko statistisch gesehen höher anzusiedeln.

Dazu komme: «Nach der Schulzahnpflege kommt meist noch rund die Hälfte der ehemaligen Schüler und Schülerinnen weiterhin regelmässig in die Kontrolle. Die meisten kommen erst dann, wenn sie Beschwerden haben.»
Doch klar sei: «Ausgehen wird mir die Arbeit so schnell nicht», sagt Nguyen.
Studie zeigt höhere Karies-Wahrscheinlichkeit bei migrantischen Kindern
Eine schweizweite Statistik zu Zahnproblemen bei Kindern und Jugendlichen gibt es nicht. Dafür aber eine Studie aus dem Kanton Basel-Landschaft.
Eine Forschungsgruppe untersuchte im Zeitraum zwischen 1992 und 2021 Schulkinder – jeweils im Alter von sieben, zwölf und fünfzehn Jahren.
Das Ergebnis: Zunächst wurde ein stetiger Rückgang der Karies in allen Altersgruppen beobachtet. In den darauffolgenden Jahren hat sich dieser Rückgang jedoch abgeflacht.
Und tatsächlich: Kinder mit Migrationshintergrund und geringerem schulischen Leistungsniveau hatten tendenziell häufiger Karies.
Die Schweizerische Zahnärzte-Gesellschaft (SSO) sieht die Wissensvermittlung und das überwachte Zähneputzen sowie regelmässige Zahnarzt-Kontrollen als Hauptgrund für den Karies-Rückgang.
Städtische Praxen oft nicht zu 100 Prozent ausgelastet
Sprecherin Andrea Renggli sagt zu Nau.ch: «Heute ist die Schulzahnpflege immer noch ein wichtiger Faktor.»
Neben der Anleitung zum Zähneputzen klärt die Schulzahnpflege die Schulkinder auch über gesunde Ernährung auf.
Doch sie mahnt: «Der aktuelle Trend, fluoridfreie Zahnpasta zu benutzen, trägt möglicherweise ebenfalls dazu bei, dass der Karies-Rückgang abgeflacht ist.»

Aktuelle Zahlen zur Auslastung Schweizer Zahnarztpraxen gibt es nicht. Die letzte SSO-Umfrage stammt aus dem Jahr 2016. Damals waren gerade Praxen in städtischen Gebieten nicht zu 100 Prozent ausgelastet.
«Im Gegensatz dazu waren die Praxen in kleineren Ortschaften gut oder sehr gut ausgelastet», sagt Sprecherin Andrea Renggli.