Kinder und Jugendliche leiden zunehmend an psychischen Störungen. Auf entsprechende Hilfe warten sie allerdings mehrere Monate, gar Jahre – mit fatalen Folgen.
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Immer mehr Kinder und Jugendliche leiden in der Schweiz an psychischen Störungen. Abklärungstermine sowie Therapieplätze sind allerdings schon mehrere Monate im Voraus ausgebucht. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Seit der Corona-Pandemie nehmen die psychischen Störungen bei jungen Menschen zu.
  • Die Folge sind lange Wartezeiten für Abklärungsgespräche und Therapieplätze.
  • Experten versuchen selbst Abhilfe zu leisten, hoffen aber auch auf Hilfe aus der Politik.
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Die Corona-Pandemie hat Kindern und Jugendlichen zugesetzt. Allein zwischen 2020 und 2021 stieg die Zahl der Hospitalisierungen wegen psychischer Störungen von 4 auf 17 Prozent. Auch in jüngerer Zeit dürften die Fälle weiter zugenommen haben.

Zwar liegen aktuellere Auswertungen des Bundesamts für Statistik noch nicht vor. Die beispiellos langen Wartezeiten für Abklärungsgespräche und Therapieplätze lassen jedoch erahnen, dass sich die Situation keineswegs beruhigt hat.

So müssen Kinder und Jugendliche mit psychischen Störungen inzwischen bis zu einem Jahr oder länger auf Hilfe warten. Kinderarzt Johannes Greisser aus Aarberg BE schreibt sogar von einer zweijährigen Wartezeit für eine Autismus-Abklärung.

Kinder Jugendliche Depression
Die Corona-Pandemie hat den Jüngsten voll aufs Gemüt geschlagen. - pexels

Die langen Wartezeiten haben diverse Gründe. «Zurückzuführen ist dieser enorme Notstand vor allem auf die abnehmende Stigmatisierung psychischer Störungen», erklärt Stephan Kupferschmid, Chefarzt Psychiatrie für Jugendliche bei der integrierten Psychiatrie Winterthur. Indem nämlich das gesellschaftliche Bewusstsein gestiegen sei, würden sich auch immer mehr Betroffene Hilfe holen.

Fälle werden nach Schwere und Dringlichkeit sortiert

Aber auch der Fachkräftemangel mache den ohnehin bereits überlasteten Versorgungskapazitäten der Kliniken zu schaffen. «Ärztinnen und Ärzte sehen sich deshalb dazu gezwungen, Wartelisten zu führen», erklärt Kupferschmid. Meist auch mit einer Priorisierung der Schwere und Dringlichkeit.

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In der Schweiz fehlt es an Psychiaterinnen und Psychatern, ebenso an Psychologinnen und Psychologen. - keystone

Bedeutet: Eine schwere Depression oder ein Suizidversuch wird meist vorrangig behandelt, während Fälle von ADHS oder Autismus auf der Warteliste immer weiter nach unten rutschen.

Haben Sie ein Kind, das an psychischen Störungen leidet?

Bei den Universitären psychiatrischen Dienste Bern (UPD) hängt die durchschnittliche Wartezeit einer ADHS-Abklärung beispielsweise vom Alter, von der Region und der Dringlichkeit ab.

Wenn keine Gründe der Schwere oder Dringlichkeit vorliegen, kann es sein, dass Kinder und Jugendliche gar nicht abgeklärt werden können, wie Michael Kaess, Direktor und Chefarzt der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie auf Anfrage sagt.

Späte Behandlung hat fatale Folgen

Mit schwerwiegenden Folgen. Denn: «Wenn Kinder und Jugendliche so lange auf eine Diagnose warten müssen, geht wertvolle Zeit verloren», betont Leonie Seebohm von Autismus deutsche Schweiz (ads). «Eine Zeit, in der sie für ihre persönliche sowie schulische Laufbahn oftmals nicht ausreichende oder passende Unterstützung bekommen.»

Damit werde nicht nur der Leistungsdruck der Betroffenen, sondern des ganzen Umfelds massiv erhöht.

Kinder psychische Krankheit
Werden psychische Störungen nicht frühzeitig behandelt, können die Folgen betroffene Kinder und Jugendliche lebenslang begleiten. - keystone

Ads ist die grösste Non-Profit-Organisation zum Thema Autismus in der Schweiz und hat auch eine eigene Beratungsstelle. «Diese ist gerade während längerer Wartezeiten, aber auch darüber hinaus eine wichtige Anlaufstelle, indem sie Betroffene und ihre Angehörigen auffängt, Unterstützung bietet und Lösungen aufzeigt», hält Seebohm fest.

Bundesbern ist gefordert, damit sich etwas tut. «Nicht zuletzt sind wir auf die Politik angewiesen», betont Susanne Walitza, Klinikdirektorin in Zürich und Vorstandsmitglied der Schweizerischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie. «Sie muss weiterhin entsprechende Massnahmen ergreifen, um Wartezeiten zu verkürzen und die Versorgung von Kinder- und Jugendpsychiatrien zu unterstützen.»

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