Lehrer müssen Umgang mit Aggro-Kids mit Rollenspielen üben
Eine Basler Lehrerin wurde an ihrem Geburtstag mit Hassbotschaften auf der Wandtafel empfangen. PHs erklären, wie man als Lehrer in so einem Fall handeln kann.
Das Wichtigste in Kürze
- Immer wieder stossen Lehrpersonen im Umgang mit schwierigen Schülern an ihre Grenzen.
- Bereits in der PH-Ausbildung werden die Studierenden auf einen solchen Fall vorbereitet.
- Unter anderem Rollenspiele oder Videoanalysen können helfen.
Der Kanton Basel-Stadt ist ein Vorreiter für das «integrative Schulmodell». Dabei sollen möglichst alle Kinder den Unterricht an öffentlichen Schulen besuchen – auch, wenn sie verhaltensauffällig sind. Seit 2011 gibt es keine Kleinklassen, Sonderschulen oder Spezialangebote mehr. Dabei stossen Lehrkräfte oft an ihre Grenzen, wie eine Doku von «SRF Reporter» zeigt.
An ihrem Geburtstag wurde eine Lehrerin beispielsweise als «Hu*e», «Nazi» und «F*tze» beschimpft. Schüler hatten die gesamte Wandtafel mit Hassbotschaften vollgekritzelt.
Keine einfach Situation. Wie sollen Lehrpersonen damit umgehen – und werden sie darauf vorbereitet? Nau.ch hat bei den Experten nachgefragt.
«Lehrpersonen sind eine Zielfläche»
Doris Ittner ist Bereichsleiterin Erziehungs- und Sozialwissenschaften an der Pädagogischen Hochschule (PH) Bern. Sie bestätigt, dass angehende Lehrpersonen in der Ausbildung Kompetenzen im Bereich Gewaltprävention und Konfliktlösung erwerben. Hier gibt es zum Beispiel die Spezialisierung «Umgang mit herausfordernden Situationen», erklärt sie.
«Dort werden angehende Lehrpersonen unter anderem anhand von Rollenspielen und Videoanalysen auf mögliche Vorfälle vorbereitet.» Auch die Schulpraktika geben den Studierenden Gelegenheiten, das souveräne Handeln im Unterricht zu üben.
Ittner betont, dass die Problematik ernstgenommen werden muss. «Die Lehrpersonen sind eine Zielfläche, Schüler und Schülerinnen wollen an ihnen die eigenen Grenzen austesten», stellt sie fest.
Das gehöre auch zur Persönlichkeitsentwicklung. Aber natürlich müsse die Integrität aller Beteiligten gewahrt werden.
Um derart schwierige Situationen lösungsorientiert zu meistern, sei es daher sehr wichtig, die Kinder bzw. Jugendlichen im situativen Setting, aber auch ganzheitlich zu verstehen. Wenn man als Lehrperson nachvollziehen könne, warum sich ein Kind oder ein Jugendlicher in dem Moment so verhälte, sei es oft einfacher, gemeinsam Lösungen zu finden.
Lehrpersonen würden hier eine wichtige pädagogische Aufgabe übernehmen. meistern wieso die Schüler sich nicht benehmen.
Entscheidend sei aber immer, den Einzelfall anzuschauen. Es braucht laut Ittner einerseits Empathie und Verständnis für die Kinder, aber andererseits auch Konsequenz. Man müsse als Lehrperson zeigen, dass ein bestimmtes Verhalten «nicht toleriert» werde.
Ittner betont die Bedeutung des Teams an einer Schule: «Wichtig ist, zu wissen dass man nicht als Einzelkämpfer unterwegs ist und man viele Probleme in Zusammenarbeit mit dem Kollegium oder auch der Schulsozialarbeit lösen kann.» Immerhin: Es komme immer weniger vor, dass eine Lehrperson alleine ist.
Lehrkräfte sollen mit Kids über Gewalt-Problem reden
Silja Rüedi, Prorektorin Ausbildung der PH Zürich, sagt: «Konflikte unter Schulkindern sowie Grenzüberschreitungen gegenüber der Lehrperson sind leider keine neuen Phänomene.»
In der Ausbildung spielt das Thema denn auch eine wichtige Rolle. Rüedi erklärt, die Studierenden sollen lernen, solche Situationen richtig zu erkennen und einzuordnen. Ziel ist es, handlungsfähig zu bleiben.
Konkret heisst das, dass Gewalt-Vorkommnisse auch zusammen mit den Schülern thematisiert werden sollen, um daraus zu lernen. Laut Rüedi erhalten die Lehrpersonen zudem an vielen Schulen sozialpädagogische Unterstützung.