Mann wegen Ärztefehler im Rollstuhl – niemand zahlt

Alexander König
Alexander König

Bern,

Eigentlich hätte es ein Routine-Eingriff werden sollen. Doch nach einem Zwischenfall bei der Rücken-OP ist ein Mann querschnittgelähmt. Zahlen will niemand.

Ärzte Fehler Querschnittgelähmt Tetraplegiker
Seit der missglückten Operation ist Mathias Stix Tetraplegiker. - SRF

Das Wichtigste in Kürze

  • 2016 kommt es bei einem Routine-Eingriff am Rücken zum Unglück.
  • Seither ist der 56-jährige Mathias Stix teilweise gelähmt und im Rollstuhl.
  • Bis heute will weder Haftpflicht- noch Unfallversicherung für die Kosten aufkommen.

2016 erfährt Mathias Stix, dass er unter einer Spinalkanalstenose leidet – eine Verengung des Nervenkanals an der Halswirbelsäule.

Ein Berner Chirurg schlägt ihm darum eine Erweiterung des Wirbelkanals mit anschliessender Fixierung der Wirbelsäule vor. Schrauben und Stangen inklusive.

Doch der 56-Jährige hat ein mulmiges Gefühl. Im SRF-Kassensturz sagt er: «Ich wählte einen Professor, einen erfahrenen Chirurgen.»

Wurden Sie schon einmal operiert?

Trotzdem missglückt die Operation. Dem Arzt entgleitet während der Operation ein Instrument, das die Rückenmark-Nervenbahnen des Patienten fatal verletzt. Seither ist Mathias Stix Tetraplegiker.

Tetraplegie bezeichnet eine bestimmte Form der Querschnittlähmung. Stix ist einer der wenigen Betroffenen, der – mit grosser Mühe – noch laufen kann. Vieles geht jedoch nur im Rollstuhl. Zudem plagen ihn Tag für Tag Schmerzen.

Der Vorfall liegt bereits sieben Jahre zurück. Doch bis heute «zögern die Versicherungen alles hinaus, soweit sie nur können», erklärt Stix. Weder seine Unfallversicherung noch die Haftpflichtversicherung des Chirurgen wollen zahlen.

Laut dem Anwalt Hardy Landolt kein Einzelfall. So hätten es Patienten «im aktuellen System sehr schwierig.» Sie müssten der Arztperson eine Sorgfaltspflicht-Verletzung nachweisen.

Das ist nicht einfach, denn: Wer sich für eine Operation entscheidet, geht damit ein Risiko ein. Auch ein seltenes Ereignis wie das Abgleiten eines OP-Instruments gilt nicht als Unfall. So urteilt zumindest das Bundesgericht.

«Sechser im Lotto wahrscheinlicher», als dass Unfallversicherung zahlt

Mit Hinblick auf die Kostenübernahmen sagt Rechtsprofessor Thomas Gächter sogar: Es sei einfacher, im Lotto einen Sechser zu haben, als bei einem Medizin-Unfall eine Leistung aus der Unfallversicherung zu erhalten.

Laut der Reportage hat die Unfallversicherung zwar einen Teil des Lohnes von Stix übernommen. Auch die Heilungskosten exklusive Selbstbehalt. Die Folgekosten muss Stix aber selber übernehmen. Deshalb mussten er und seine Frau ihr ehemaliges Firmenvermögen und ihre Pensionskasse aufbrauchen.

Einzig die Invalidenversicherung zahlt inzwischen eine IV-Rente. Zu wenig, um zu leben, so Stix. Zudem könne seine Ehefrau nicht mehr als 50 Prozent arbeiten, da sie Stix betreuen muss. Ob die Haftpflichtversicherung des Arztes zahlt, ist bis heute offen.

Um für solche Fälle ein Auffangbecken zu bieten, fordert Gächter nun einen Entschädigungsfonds. Es gab bereits erste Ansätze, bisher sind jedoch alle Initiativen dazu gescheitert.

Kommentare

User #6070 (nicht angemeldet)

Alle Initiativen wurden abgeschmettert. Und das Ziel der rechten Regierung ist es die Sozialhilfe und Ah-v IV zu kürzen, obwohl die selbst bei gutem Lohn nicht annähernd zum überleben reicht, nicht Mal wenn man gesund ist.

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