Allergiker aufgepasst: Bis 2023 will MeteoSchweiz in Echtzeit über den Pollenflug informieren.
Eine Hummel mit Pollen startet von einer Wilden Malve.
Eine Hummel mit Pollen startet von einer Wilden Malve. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Allergiker sollen künftig in Echtzeit über den Pollenflug informiert werden.
  • MeteoSchweiz informiert bislang nur wöchentlich und will dies bis 2023 ändern.
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Allergiker sollen sich künftig in Echtzeit über den Pollenflug informieren können. MeteoSchweiz will bis 2023 verlässliche Messungen ermöglichen und ersetzt die bestehende manuelle Messung durch ein automatisiertes System. Die Schweiz ist auf diesem Gebiet Pionierin.

Sie wird eines der ersten Länder sein, das über Echtzeit-Messungen von Pollen auf dem ganzen Territorium verfügen wird. MeteoSchweiz, führend in diesem Bereich, leitet ein ad-hoc-Programm des europäischen Messnetzes Eumetnet, dem sich elf weitere Wetterdienste Europas angeschlossen haben.

Seit 2010 hat MeteoSchweiz bereits Tests mit fünf Echtzeit-Messsystemen durchgeführt. In den drei vergangenen Jahren wurden die Tests intensiviert mit Protoypen der Genfer Firma Plair. Im Verlauf des Sommers wurden zudem intensive Tests in Payerne VD mit einem System der Luzerner Start-up-Firma Swisens organisiert.

Bessere Vorhersagen erwartet

Die Resultate der Messungen mit diesen beiden Systemen sind in den vergangenen Tagen an einem internationalen Kongress in Parma in Italien vorgestellt worden. «Wir sind sehr zufrieden: Die erzielten Fortschritte dürften es uns erlauben, künftig Allergiker besser zu informieren und unsere Vorhersagen ebenfalls zu verbessern», sagte Benoît Crouzy, Projektleiter bei MeteoSchweiz, der Agentur Keystone-SDA.

Die beiden neuen Messsystem beruhen auf dem selben Prinzip. Die Pollen durchqueren einen Laserstrahl. Das Licht, das sie dabei reflektieren, liefert Informationen über Grösse und Form der Partikel.

Der Luzerner Prototyp nimmt zudem von jedem Partikel während des Flugs ein Bild auf und erstellt eine Art Hologramm. Bei beiden Systemen können gestützt auf Grösse, Form und Zusammensetzung der Partikel die Pollen dank künstlicher Intelligenz und Algorithmen identifiziert werden, wie Crouzy ausführte.

Derzeit nur wöchentlich Informationen

Derzeit werden Pollenflugdaten von MeteoSchweiz lediglich an 14 Standorten und nur wöchentlich erhoben. Die manuelle Auswertung von Klebestreifen und Auszählung der Partikel ist aber sehr aufwendig und die Messresultate stehen jeweils mit einer Woche Verzögerung zur Verfügung. Der Allergiker bemerkt somit erst, dass Pollen in der Luft sind, wenn sich bei ihm die üblichen Symptome bereits bemerkbar machen.

Gemäss einer Studie von MeteoSchweiz werden Allergiker künftig ihre Aktivitäten draussen auf die Pollen-Vorhersagen abstimmen können. Nötigenfalls können sie dann auch präventiv ein Medikament einnehmen oder ihre Aktivitäten draussen auf pollenfreien Tage legen. Von den automatisch erhobenen Daten werden aber nicht nur die Meteorologen und Klimatologen profitieren können, sondern auch Ärzte und die Pharmaindustrie.

Die Investitionen für das neue Messsystem von drei bis vier Millionen Franken würden klar vom wirtschaftlichen Nutzen und den Gesundheitskosten übertroffen, heisst es. Der Unterhalt der Anlage werde sich zudem etwa im selben Bereich bewegen wie beim alten Messsystem.

Bis zu 3,5 Milliarden Kosten wegen Allergien

Heute werden die indirekten Kosten durch den Produktivitätsverlust und den Ausfall wegen Krankheitstagen in der Schweiz, die auf Pollen-Allergien zurückgeführt werden, jährlich auf zwischen eine und 3,5 Milliarden Franken geschätzt. Dies entspricht 700 bis 2500 Franken pro Jahr und Allergiker.

Die Ausschreibung für das Echtzeit-Messsystem wird im kommenden Jahr stattfinden, so dass das neue System 2022 oder spätestens 2023 in Betrieb genommen werden kann, wie MeteoSchweiz-Sprecherin Barbara Galliker sagte. Die beiden Schweizer Firmen sind angesichts der Versuche mit ihren Protoypen zuversichtlich, den Auftrag zu bekommen.

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