Nestlé setzt in Zukunft auf personalisierte Lebensmittel
Nestlé springt auf den Zug der Personalisierung auf: Individualisierte Lebensmittel seien die nächste grosse Herausforderung des Konzerns.
Das Wichtigste in Kürze
- Nestlé arbeitet an der Einführung individualisierter Lebensmittel.
- Personalisierte Nahrung gibt es heute bereits bei Haustieren.
Individualisierte Lebensmittel seien die nächste grosse Herausforderung für die Nahrungsmittelindustrie, sagt Nestlé-Geschäftsleitungsmitglied Patrice Bula. Doch die grosse Frage ist: Sind die Konsumenten bereit, persönliche Daten für auf sie abgestimmte Produkte preiszugeben?
Personalisierte Nahrung ist heute etwa bereits bei den Haustieren etabliert. Mit individualisiertem Hundefutter kommt Nestlé inzwischen auf einige zehn Millionen Franken Umsatz.
Individualisierte Lebensmittel für Menschen stecken dagegen noch in den Kinderschuhen. Nestlé sieht darin ein grosses Potenzial, um die Gesundheit der Konsumenten zu fördern. Auf der anderen Seite ist die Personalisierung aber auch mit Risiken mit Blick auf die Privatsphäre und den Datenschutz verbunden.
«Wir stehen hier noch ganz am Anfang, im Stadium 1.0», sagt Bula, der bei Nestlé für die strategisch wichtigen Geschäftseinheiten verantwortlich ist, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP.
Zukauf von Personalisierungsspezialist
Erst im August hat der Nahrungsmittelmulti das US-Unternehmen Persona übernommen. Persona hat einen Algorithmus entwickelt, der ein ernährungstechnisches Profil der Kunden erstellt. Er liefert ihnen danach basierend darauf spezifische Vitamine und andere Nahrungsmittelzusätze. Die Kunden müssen dafür online eine Reihe von Fragen zu ihrem Alter, Geschlecht, ihrem generellen Wohlbefinden, Fitness, Krankheiten und Medikamenten beantworten.
Der personalisierte Ernährungs- und Wellnessmarkt wachse rapid, hiess es damals in einer Nestlé-Mitteilung. Der Markt umfasst unter anderem Nahrungsergänzungsmittel und mit Zusatzstoffen angereicherte Lebensmittel. Schätzungen zufolge könnte er bis 2025 auf 50 Milliarden Dollar kommen.
Nestlé will noch weiter gehen, als nur Nahrungsmittelzusätze zu empfehlen: Der Konzern will die Daten der markenaffinen Kunden nutzen, um sie besser bedienen zu können. Dies um ihnen auf ihre Bedürfnisse angepasste Esswaren anbieten zu können. Anhand von Daten zur DNA oder Mikroflora der Konsumenten könnte Nestlé einen individuellen Nahrungs-«Cocktail» anbieten. Beispiele dafür wären etwa angereicherte Joghurts.
Blockchain als mögliche Datenschutz-Lösung
Auf dem Weg hin zu vollpersonalisierten Lebensmitteln stellt sich Bula aber erstmal eine Zwischenstufe vor: Die Lebensmittel könnten jeweils für Gruppen, die anhand von gemeinsamen physiologischen Merkmalen zusammengestellt werden, optimiert werden. Denkbar wären also Lebensmittel für Menschen verschiedener Altersgruppen oder mit verschiedenen Lebensstilen.
Eine grosse Rolle nimmt bei diesem Thema das Marketing ein. Es gilt, die Menschen davon zu überzeugen, ihre Daten Nestlé anzuvertrauen. Dafür muss aber auch der Datenschutz sichergestellt werden.
«Der Datenschutz wird eine der grössten Herausforderungen sein. Die Menschen müssen sicher sein, dass ihre Informationen sinnvoll verwendet werden», sagt Bula. «Und daran arbeiten wir.» Als mögliche Lösung gilt in der Branche etwa die Blockchain-Technologie.
Konkurrenz durch lokale Start-ups
Schon etwas weiter als bei personalisierten Lebensmitteln ist Nestlé beim zweiten grossen Trend in der Nahrungsmittelindustrie: Bei pflanzlichen Proteinen. Vegetarische Burger, laktose- oder glutenfreie Produkte gewinnen besonders bei der jungen Generation rasch an Beliebtheit.
Es wird geschätzt, dass pflanzliche Proteine einen Zehntel des Gesamtmarktes der Fleischindustrie ausmachen werden. Dieser wird bis in den nächsten zehn Jahren auf ein Volumen von 1,4 Billionen Dollar geschätzt.
Eine beliebte Methode bei Grosskonzernen wie Nestlé, ist der Zukauf von Start-ups, die nahe am Konsumenten sind. «Unsere grössten Konkurrenten sind oft nicht andere Grosskonzerne, sondern kleine, sehr lokale Unternehmen», so Bula.