Reto Knutti erklärt die Wetter-Extreme des Sommers
Extremes Wetter sorgt diese Tage für Schlagzeilen. Alles wegen des Klimawandels? Nau.ch hat bei ETH-Forscher Reto Knutti nachgefragt.
Das Wichtigste in Kürze
- Kanada verzeichnete diesen Sommer Rekord-Temperaturen, Finnland ebenso.
- Hitzewellen und Starkniederschläge nehmen als Folge des Klimawandels zu, sagt der Experte.
Nachrichten über Wetter-Extreme häufen sich diese Tage. Vergangenen Sonntag registrierten die finnischen Wetterbehörden im Norden des Landes 33,5 Grad – die höchste gemessene Temperatur in der Region seit über 100 Jahren.
Extreme Hitze verzeichnete Ende Juni auch Kanada. In der Gemeinde Lytton in der Provinz British Columbia wurden 49,6 Grad Celsius gemessen. Ein «Allzeit-Temperaturrekord». Die Hitze führte zu hunderten Todesopfer.
Auch hierzulande spielt das Wetter diesen Sommer verrückt. Heftige Gewitter sorgten im Juni für Millionen-Schäden. Die Zahl der Schadensmeldungen sei so hoch wie schon lange nicht, sagen Versicherungen.
Liegt das am Klimawandel? Die Antwort ist kompliziert. «Das Wetter ist natürlicherweise variabel und Rekorde könne auch ohne Klimawandel ab und zu auftreten», sagt ETH-Klimaforscher Reto Knutti.
Hitzewellen nehmen zu
Doch: «Hitzewellen und Starkniederschläge nehmen als Folge der menschengemachten Erwärmung deutlich zu.» Und das werde sich fortsetzen.
Die Entwicklung zu mehr Hitzerekorden haben Wissenschaftler bereits vor Jahrzehnten vorhergesagt. Extreme Temperaturen habe es schon früher, aber seltener gegeben, sagt der ETH-Forscher. «Es ist die Häufung dieser Ereignisse, die der Klimawandel bewirkt.»
Unklar ist hingegen der Effekt auf Tornados, Stürme oder Hagel. Es gebe hier Hinweise auf einen Einfluss, sagt Knutti. Doch: «Hier sind die Trends klein oder unsicher, sodass keine Aussagen möglich sind.»
Höhere Temperaturen in Hochdruckgebieten
Für die Rekord-Temperaturen in Kanada sind laut Knutti zwei Faktoren verantwortlich: Einerseits führt ein Hochdruckgebiet generell zu höheren Temperaturen. Andererseits steigt die Temperatur durch den Klimawandel zusätzlich an.
In der Schweiz macht sich aktuell mehr der Niederschlag bemerkbar. Solche Messungen seien notorisch schwierig, sagt der ETH-Forscher. Grund: Die Instrumente sind unterschiedlich, die Qualität früherer Messungen nicht überall gut. «Und die Stationen messen nur einen Punkt, der bei einem Gewitter meist nicht einmal für eine Region repräsentativ ist.»
Inzwischen sei aber selbst in der Schweiz eine Zunahme der Starkniederschläge nachweisbar, erklärt Knutti. Von 173 Stationen zeigen 158 eine Zunahme. «Keine einzige zeigt eine signifikante Abnahme.»
Selbst wenn die Sommer trockener werden, nehmen die extremen Niederschläge zu, resümiert Knutti. «Die ersten Klimamodelle haben das vor 30 Jahren vorausgesagt, bevor es genügend Beobachtungen gab.»