Schweizer Armee nimmt Schulen ins Visier
Das Wichtigste in Kürze
- Die Armee will mehr an Gymnasien, Berufsschulen und Berufsmessen präsent sein.
- Das Projekt beginnt 2021 im Tessin, in der Zentral- und Westschweiz.
- Der Lehrer-Dachverband hält von dem Vorhaben allerdings wenig.
Die Schweizer Armee will mehr Junge ansprechen. Um das zu erreichen, wurde dieses Jahr ein neuer Bereich im Kommando Ausbildung geschaffen.
Der Name: «Gewinnung, Bindung und Beratung» – kurz auch GBB genannt.
Zehn Stellen sind für das Projekt vorgesehen. «Dabei handelt es sich nicht um Neuanstellungen, sondern um interne Verschiebungen», sagt Armee-Sprecher Stefan Hofer. Die zusätzlichen Kosten bleiben dadurch gering.
Die Truppe nimmt am ersten Januar ihre Tätigkeit in der Zentralschweiz, im Tessin und in der Westschweiz auf. Das Mittelland nimmt die Armee ab 2022 in Angriff, im Jahr darauf die Ostschweiz.
Mehr Präsenz in Schulen und Gymnasien
Doch wie sieht die Offensive aus? «Um die Jugendlichen zu erreichen, erhöht die Schweizer Armee ihre Präsenz dort, wo sich die jungen Menschen ausbilden oder Informationen für ihre Zukunft abholen: an Gymnasien und Berufsschulen sowie an Berufs- und Bildungsmessen», erklärt Hofer.
An den Messen wird es neben Informationen über den Militärdienst auch Give-aways geben. Etwa Neckholder, Bleistifte oder Sportsäcke. Und natürlich die beiden Klassiker: Militärschokolade und Biskuits.
Mit der neuen Offensive soll die «Akzeptanz und Attraktivität des Militärdienstes» erhöht werden. Kein leichtes Vorhaben: Gerade an den Schulen war die Armee bisher nicht sonderlich erfolgreich.
Schüler offenbar wenig interessiert
Dies zeigt die Erfahrung einer Kaserne aus dem Kanton Zürich. Wie der «Tages-Anzeiger» letztes Jahr berichtete, kamen auf rund 100 Anfragen, an Schulen vorsprechen zu dürfen, gerade mal fünf positive Rückmeldungen zurück. Auch das Interesse der Schüler sei begrenzt, berichtete die Zeitung.
Wegen der Corona-Krise blieben die Schulbesuche dieses Jahr aus. Verbessert sich die Lage, will die Armee weitermachen. Denn: «Die Begegnungen auf Augenhöhe zwischen jungen Milizkadern und Jugendlichen schaffen emotionale Verbundenheit und helfen bei der Sinnvermittlung für den eigenen, persönlichen Beitrag für die Sicherheit der Schweiz», sagt Hofer.
Beim Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz sieht man die Armee-Offensive kritisch. «Die Schule ist keine Werbeplattform, auch nicht für das Militär», sagt Zentralsekretärin Franziska Peterhans. Und weist darauf hin, dass Schulen der weltanschaulichen, religiösen und politischen Ausgewogenheit verpflichtet seien.
GSoA spricht von «Skandal»
«Lediglich bei den Berufsmessen finde ich einen Auftritt angebracht, denn dort können Jugendliche frei wählen, wofür sie sich interessieren.» Es gebe ja auch ein Berufsmilitär. «Darüber sollen sich junge Menschen informieren können wie über andere Berufe auch.»
Scharfe Kritik auch von Nadia Kuhn, Sekretärin der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee. Sie hält das Vorgehen für «skandalös». Schüler würden damit einseitig informiert. «Vertreter des Zivildiensts sind nicht zugelassen, ganz zu schweigen von antimilitaristischen Stimmen wie der GSoA.»