Schweizer Gesundheitspersonal muss in Selbstverteidigungskurs
In einer Klinik haben drei Jugendliche letzte Woche eine Pflegerin attackiert. Kein Einzelfall – Selbstverteidigungskurse für Gesundheitspersonal boomen.
Das Wichtigste in Kürze
- Drei Jugendliche haben in einer psychiatrischen Klinik eine Pflegerin attackiert.
- Ein Selbstverteidigungskursleiter sagt, solche Vorfälle kommen immer häufiger vor.
- Deshalb komme auch immer mehr Gesundheitspersonal zu ihm in den Kurs.
Der Vorfall sorgte vergangene Woche für Schlagzeilen: In der psychiatrischen Klinik Littenheid im Thurgau wurde eine Pflegerin von drei jugendlichen Patientinnen und Patienten attackiert.
Kein Einzelfall – Gennaro Migliozzi, Leiter einer Kampfschule in St.Gallen, erzählt, dass Gesundheitspersonal immer häufiger Opfer von Attacken werde. Und damit steigt auch die Nachfrage nach Selbstverteidigungskursen für Pflegekräfte, die Migliozzi anbietet.
«Ich frage mich oft, was eigentlich in unserer Gesellschaft falsch läuft», sagt er zum Ostschweizer Regionalportal «FM1Today». Von solchen Angriffen höre er «tagtäglich im Kontakt mit Kliniken, Arztpraxen oder Spitälern».
Pflegepersonal darf Attackierenden keinen Schaden zufügen
Gennaro Migliozzi bringt den Pflegern und Pflegerinnen in seinen Kursen bei, wie sie sich im Ernstfall verhalten müssen. Dazu gehört nicht nur die Abwehr von Angriffen, sondern auch das Erkennen gefährlicher Situationen.
Der Experte betont die Wichtigkeit der ersten Minuten eines Angriffs: «Für Personen, die angegriffen werden, fühlen sich diese ersten Minuten an wie eine Ewigkeit», erklärt er. Ein Problem sei, dass viele in eine Schockstarre geraten – wichtig ist laut Migliozzi, diese zu durchbrechen.
Ziel des Trainings ist nicht nur, sich selbst zu schützen, bis Hilfe eintrifft, sondern auch die Deeskalation. Dabei müssen Pflegende behutsam vorgehen: Sie sollen dem Patienten keinen Schaden zufügen. Dies unterscheidet ihre Lage von anderen Notfallsituationen.
Klinik reagiert nach Attacke
Nach dem Vorfall im Thurgau reagiert auch die Klinik Littenheid mit Weiterbildungen: Das Personal absolviert regelmässig Aggressionsmanagementkurse und lernt unter anderem Befreiungs- und Festhaltetechniken.
Sprecherin Claudia Baumer betont: «Oberstes Ziel ist aber immer, eine Situation zu deeskalieren und keine Gewaltspirale in Gang zu setzen.»
Zur Erhöhung der Sicherheit während der Nacht wurden zusätzliche Massnahmen eingeleitet. Unter anderem patrouilliert nun ein Sicherheitsmitarbeiter auf dem Gelände der Klinik Littenheid.