Schweizer Städte kämpfen mit Bettler-Problem
Das Wichtigste in Kürze
- Immer mehr Berner beklagen sich bei der Fremdenpolizei über Bettler.
- Diese würden aufdringlich, wenn man ihnen kein Geld gebe.
- Auch andere Städte registrieren vermehrt aufdringliche Bettler oder Betrüger.
In der Stadt Bern melden Passanten vermehrt aufdringliche Bettler der Fremdenpolizei. Die Bettelei ist in der Hauptstadt zwar erlaubt, aber: «Wir stellen seit etwa sechs Wochen fest, dass in Bern immer mehr und zum Teil sehr aggressiv gebettelt wird.» Das erklärt Alexander Ott, Polizeiinspektor und Leiter der Fremdenpolizei der Stadt Bern, der «Berner Zeitung».
Viele Bettler stammen aus Bulgarien und Rumänien und setzen vermehrt auf das aktive Betteln. Das heisst, sie bieten etwa kleine Dienstleistungen oder Produkte an. Gemäss dem Polizeiinspektor reisen sie oft in Gruppen von bis zu 20 Personen durch die Schweiz und stammen aus Familienclans.
Betrügerbanden treiben in St. Gallen ihr Unwesen
Ähnliche Szenen spielten sich in den vergangenen Wochen in St. Gallen ab, obwohl hier Betteln verboten ist. Die Kantonspolizei hat im ersten Quartal 2021 einen starken Anstieg an Meldungen von Spendenbetrügern festgestellt.
Bürger hätten über 90 Fälle von vermeintlichen Bettlern gemeldet, wie die Kapo St. Gallen in einer Mitteilung von letzter Woche schreibt. Dabei handle es sich um organisierte Banden, in den meisten Fällen stammen die Betrüger aus Rumänien.
Meistens würden sie angeben, für die Organisation «Handicap International» zu sammeln. «In Tat und Wahrheit wird das Geld aber für eigene Zwecke verwendet», so die Kantonspolizei.
Mediensprecher Florian Schneider rät, bettelnden Personen kein Geld zu geben: «Erst, wenn sie Geld erhalten, macht es das entsprechend lukrativ und animiert zum Weiterführen der Tätigkeit.»
Wurden Sie auch schon aufdringlich angebettelt?
Stadtpolizei Zürich wird mit Meldungen überschüttet
In Zürich, der bevölkerungsreichsten Stadt der Schweiz, ist das Betteln verboten. Von Januar bis Ende April meldeten Passanten der Stadtpolizei rund 690 Bettler. Das sind fast so viele wie im ganzen letzten Jahr. 2020 erreichten die Stapo insgesamt 696 Meldungen von Bettelei.
Hat die Anzahl Bettler in Zürich nun drastisch zugenommen? Mediensprecher Michael Walker gibt Entwarnung: «Eine Statistik über aktive Bettler führen wir nicht. Es hat vor allem damit zu tun, dass die Bevölkerung die Bettler zuletzt wieder mehr verzeigt. Vor einem Jahr war dies aufgrund des Lockdowns weniger der Fall.»
Der Lockdown-Effekt dürfte aber weniger gross sein als angenommen. 2019 – noch vor der Corona-Pandemie – meldeten die Zürcher insgesamt 743 Bettler bei der Stadtpolizei.
Fälle von aggressiver oder aufdringlicher Bettelei sind der Stadtpolizei Zürich bislang nicht bekannt. Wer sich aber plötzlich durch eine bettelnde Person bedrängt fühlt, dürfe jederzeit die Notrufnummer 117 wählen, so Walker.
Basel-Stadt weist Bettler gratis per Zug aus
In Basel-Stadt wurde das Bettelverbot vergangen Juli aufgehoben. Seitdem gesellten sich zu den lokalen Bettlern auch viele aus Osteuropa und sorgten für viel Unmut in der Bevölkerung. Der Grosse Rat hatte im Dezember 2020 eine Motion an die Regierung überwiesen, welche eine erneute Wiedereinführung des Bettelverbots fordert.
Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte verstösst ein allgemeines, pauschales Bettelverbot gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Das Urteil ist derweil noch nicht rechtskräftig. Der Regierungsrat prüft mittlerweile Alternativen, die rechtlich zulässig und praktisch sinnvoll sind.
Bis dahin können ausländische Bettler in Basel ein Gratis-Angebot nutzen, wie die «Basler Zeitung» berichtet. Mit einem Rail-Check und einer Verzehrpauschale auf Staatskosten dürfen sie eine andere europäische Destination mit dem Zug anpeilen. Der Preis für ein Bahnticket nach Rumänien kostet um die 250 Franken. Die Bettler müssen sich aber verpflichten, nicht unmittelbar in die Schweiz zurückzukehren.
Romandie bleibt nicht verschont
Im Kanton Waadt, Neuenburg, Fribourg und auch in Genf ist das Betteln von Gesetzeswegen verboten. Dies scheint die Bettler aber wenig zu kümmern: «Wir registrieren durchaus eine Zunahme der Bettelei in Genf», sagt Alexandre Brahier, Mediensprecher der Kantonspolizei, auf Anfrage von Nau.ch.
Fälle wie in Bern oder St. Gallen seien der Genfer Polizei bislang nicht aufgefallen. Sollte ein Bettler aber aufdringlich oder gar aggressiv reagieren, «konfrontieren Sie ihn nicht und rufen Sie die Polizei», erklärt Brahier.