Soziologin: Stille Triage ist ethisch verheerend

Keystone-SDA
Keystone-SDA

Bern,

In den Spitälern findet wegen der vielen Corona-Patienten bereits eine stille Triage statt und führt dazu, dass knappe Ressourcen nicht optimal genutzt werden.

Kinder leiden unter der Corona-Pandemie besonders stark. Kliniken in Deutschland und der Schweiz sind laut der Soziologin Tanja Krones voll von psychosomatisch erkrankten Kindern. (Symbolbild)
Kinder leiden unter der Corona-Pandemie besonders stark. Kliniken in Deutschland und der Schweiz sind laut der Soziologin Tanja Krones voll von psychosomatisch erkrankten Kindern. (Symbolbild) - sda - KEYSTONE/AP/Keith Birmingham

Das Wichtigste in Kürze

  • Soziologin Tanja Krones warnt vor den ethischen Folgen einer stillen Triage.
  • In den Schweizer Spitälern fände diese wegen der Corona-Situation bereits statt.

Überfüllte Intensivstationen wegen Covid-19 führen stillschweigend zu einer Selektion der zu behandelnden Patienten. Diese stille Triage sei ethisch verheerend, sagte Tanja Krones, Mitglied der Nationalen Ethikkommission, in einem Interview mit der NZZ.

Die Triage führe dazu, dass knappe Ressourcen nicht optimal ausgenutzt würden. Zum Beispiel, wenn Menschen aus Alters- und Pflegeheimen, bei denen eine Behandlung im Spital sinnvoll und von ihnen gewünscht sei, nicht in eine Klinik überwiesen würden.

Die Situation, wie sie sich im letzten Dezember mit zu wenig freien Intensivbetten präsentiert habe, sei schlimm gewesen und könne leider auch wieder schlimm werden. Das betroffene Gesundheitspersonal habe versucht, es allen recht zu machen.

Öffentlichkeit weiss nichts davon

Doch die stille Triage sei eben still. Die Mehrheit habe nicht gemerkt, dass es sie gegeben habe. Wenn Menschen offen und definitiv keine ausreichende Behandlung mehr bekommen könnten, wenn die Triage also explizit werde, sei eine Grenze erreicht.

Sie sorge sich um die sozial verletzlichen Menschen. In der Schweiz seien diese Personen etwas vergessen worden. Das gelte etwa für Menschen in prekären sozialen Lagen und psychisch Kranke, sagte Krones in dem NZZ-Interview weiter.

bern Coronavirus
Eine Frau zieht eine Maske an vor dem Eingang zur Covid-19-Triage im Berner Inselspital. - Keystone

Namentlich erwähnte die promovierte Humanmedizinerin und Soziologin, die am Institut für biomedizinische Ethik der Universität Zürich arbeitet, die Situation der Kinder. Die Unesco habe ganz früh Alarm geschlagen, dass die Kinder Verlierer der Pandemie seien.

Für die Kinder viel schlimmer als das Virus sei, dass die sozialen Kontakte fehlten. Kliniken in Deutschland und der Schweiz seien voll von psychosomatisch erkrankten Kindern.

Die Impfung habe einen begrenzten Effekt für die Kinder, da sie seltener schwer erkrankten. Ein Kind zu impfen, damit es den Erwachsenen gut gehe - das sei aus ethischer Sicht problematisch.

Kommentare

Weiterlesen

unispital zürich patienten behörden
125 Interaktionen
Taskfoce Chef
168 Interaktionen
Intensivstation
12 Interaktionen

Mehr aus Stadt Bern

Amherd
156 Interaktionen
Frau auf Parkbank am See
4 Interaktionen
Geschenke
3 Interaktionen