Sparauftrag des Thurgauer Parlaments bringt Regierung in Bedrängnis
Das Thurgauer Kantonsparlament setzt die Regierung nach bereits erfolgten Sparmassnahmen mit zusätzlichen Kürzungen weiter unter Druck.
Das Thurgauer Kantonsparlament hat seinen Staatsapparat in die Bredouille gebracht. Es verabreicht der Regierung nach einem Budgetprozess, bei dem sie bereits einschneidende Spar- und Kürzungsmassnahmen umsetzte, einen zusätzlichen Sparhammer. Der Kanton Thurgau steht vor einem Leistungsabbau.
Die Thurgauer Kantonspolitik erlebte einen Aufreger. «Die gute Art und Weise, wie man im Thurgau zusammengearbeitet hat, ist offenbar vorbei.» Dies sagte Finanzdirektor Urs Martin (SVP) vergangene Woche im Grossen Rat.
Martins Unmut richtete sich gegen seine eigene Partei sowie gegen die FDP. Diese bilden zusammen eine Mehrheit im Parlament und verweigerten dem Regierungsrat nicht nur eine beantragte Steuererhöhung, sie drückten der Kantonsverwaltung stattdessen einen einschneidenden Sparauftrag auf.
Regierung fordert Parlament zur Rücknahme der Steuerfusssenkung auf
Aufgrund der klammen Kantonsfinanzen setzte die Thurgauer Regierung vor der Budgedebatte einen ungewohnten Hilferuf ab. Alle 130 Kantonsparlamentarierinnen und -Parlamentarier wurden in einem Brief «zwingend gebeten», die 2021 beschlossene Steuerfusssenkung von acht Prozentpunkten rückgängig zu machen. Nur so könne das Haushaltsgleichgewicht wieder hergestellt werden.
Doch die rechte Parlamentshälfte liess den Hilferuf verhallen. Statt die Zustimmung zu der beantragten Steuererhöhung zur Verhinderung von zusätzlichen 54 Millionen Franken Defizit zu signalisieren, brachte die wählerstärkste SVP mit Hilfe der FDP und der EDU-Aufrecht-Fraktion in der ersten Lesung des Budgets einen Antrag durch, in dem die Globalbudgets aller Ämter des Kantons pauschal um zwei Prozent gekürzt werden.
Der Kanton soll dadurch weitere 8,2 Millionen Franken einsparen und so dem strukturellen Defizit zumindest entgegenwirken. Obendrauf wurden weitere Sparanträge im Umfang von rund drei Millionen angekündigt. «Ihr fährt unseren Kanton an die Wand», hielt die Fraktionspräsidentin der SP der rechten Parlamentshälfte entgegen.
Thurgauer Finanzdirektor warnt vor massivem Leistungsabbau
Es sei eine Illusion zu glauben, dieser Sparauftrag sei ohne massiven und spürbaren Leistungsabbau in der Verwaltung zu erfüllen, sagte der Thurgauer Finanzdirektor Urs Martin gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Dies dürften gemäss Befürchtungen der Sozialdemokraten vor allem die ohnehin finanziell schlecht gestellten Bürgerinnen und Bürger zu spüren bekommen. Martin findet: «Letztlich wird die Zeche vom Staatspersonal bezahlt werden.»
Dies lässt im Thurgau aufhorchen. In den vergangenen Jahren wanderte bereits viel Staatspersonal in die Nachbarkantone – vor allem nach Zürich – ab, weil dort bessere Saläre gezahlt werden. In den vergangenen zehn Jahren durchleuchtete der Thurgau seine Verwaltung bereits mit zwei Sparpaketen und beseitigte ein strukturelles Defizit von 68 Millionen Franken. Als die Nationalbank Millionen an Gewinnausschüttungen in den Thurgau schickte, senkte das Kantonsparlament gegen den Willen der Regierung und der linken Ratshälfte ihren Steuerfuss auf das tiefste Niveau der Kantonsgeschichte.
Es werde sehr anspruchsvoll, findet Martin, bei dieser Ausgangslage erneut Einsparungen vorzunehmen. Bereits heute gehört die Thurgauer Verwaltung zu den schlanksten schweizweit. Gleichzeitig wächst seine Bevölkerung im nationalen Vergleich überdurschnittlich stark.
Kanton Thurgau kämpft mit Personalengpässen in der Steuerbehörde
Kürzlich wurde etwa deutlich, dass die kantonalen Steuerbehörde überlastet ist, weil ihr Personal mit der steigenden Arbeitslast nicht mithalten kann. Lange wies der Kanton auch die tiefste Polizeidichte des Landes auf.
Am kommenden Mittwoch wird das Thurgauer Parlament das Budget im Detail beraten und auch über die beantragte Steuererhöhung entscheiden. Ablehnung äusserten bereits SVP, FDP, GLP und EDU-Aufrecht. Der Steuerfuss dürfte unverändert bleiben.
In ihrem Brief schrieb die Regierung, dass das Nettovermögen voraussichtlich im nächsten Jahr nahezu aufgebraucht sei. Der Kanton werde sich wohl verschulden.