Studie: Jugendliche wollen mitreden und brauchen Zugang zur Politik
Gemäss einer Studie würden sich in der Schweiz mehr Jugendliche politisch beteiligen wollen, als es bisher der Fall ist. Äussere Faktoren hindern sie daran.
Das Wichtigste in Kürze
- Laut einer Studie wollen sich mehr Jugendliche in der Schweiz politisch beteiligen.
- Sie würden jedoch durch äussere Faktoren daran gehindert werden.
In der Schweiz beteiligen sich vor allem Jugendliche und junge Erwachsene politisch, die sich gehört und ernst genommen fühlen. Eine Studie, für die Jugendliche befragt wurden, zeigt, dass eigentlich mehr Jugendliche mitreden und mitmachen wollen. Viele sehen sich aber durch äussere Faktoren daran gehindert.
Zudem spielen die Bildung und das Geschlecht eine Rolle: Jugendliche in höheren Bildungsstufen beteiligen sich überdurchschnittlich oft, Mädchen und junge Frauen eher als ihre männlichen Altersgenossen. Dies fand eine Studie im Auftrag der Eidgenössischen Kommission für Kinder und Jugendfragen (EKKJ) heraus.
Den Angaben zufolge ist die politische Partizipation unter Jugendlichen mit Schweizer Pass zudem höher.
Politische Bildung korreliert mit politischer Bildung
Hand in Hand gehe die politische Beteiligung mit politischer Bildung, schrieben die Studienautorinnen und -autoren. Jugendliche und junge Erwachsene fühlten sich oft überfordert, weil ihnen ein Grundverständnis für politische Prozesse und die politische Sprache fehle. Dieses geringe Selbstvertrauen könne zu Zurückhaltung führen.
Die Ergebnisse deuteten auf ein erhebliches Optimierungspotenzial etwa an den Schulen hin, was die politische Bildung angehe, hiess es. Es gelte zudem, den Zugang zu Angeboten zu erleichtern und eine ernsthafte, wirkungsvolle Beteiligung zu ermöglichen. Denn Schein-Partizipation ohne echte Einflussmöglichkeiten werde von den Betroffenen als stark demotivierend wahrgenommen.
Als weitere Faktoren für politische Beteiligung identifiziert die Erhebung die eigene Betroffenheit und die Präsenz von Themen in den Medien. Verwiesen wird dabei etwa auf das Engagement junger Menschen für das Klima und die Gleichstellung sowie gegen Rassismus und Homophobie.
Förderung in Schule sei wichtig
Von rund 800 online befragten Jugendlichen könnten sich 74 Prozent vorstellen, sich stärker zu beteiligen. Dies sagte die Studienmitautorin Susanne Nef von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaft (ZHAW). Viele sähen als Veränderungspotenzial die Beseitigung von «Zugangsbarrieren». Und hier sei die gesamte Gesellschaft angesprochen.
Die EKKJ gibt deshalb mehrere Empfehlungen ab: Neben dem leichteren Zugang zu Angeboten zum Mitreden und Mitmachen sei die Förderung der politischen Bildung in der Schule wichtig. So könne das Interesse der jungen Menschen an der Politik geweckt werden. Eine ernsthafte und wirkungsvolle Partizipation soll ermöglicht werden.
«Junge Menschen wollen mitwirken und spüren, dass ihre Anliegen ernst genommen werden», sagte Mirjam Rotzler, Vizepräsidentin der EKKJ. Die Haltung der älteren Erwachsenen sei entscheidend dafür, dass sich in dieser Hinsicht etwas ändere. «Schein-Partizipation» sei in der Studie von Jugendlichen kritisiert worden, sagte Nef.
Zusammenarbeit mit Hochschulen
Das Stimmrechtsalter 16 und das Stimm- und Wahlrecht für nicht Staatsangehörige gehören nicht zur Studie abgegebenen Empfehlungen der EKKJ. Sie seien einzelne Instrumente, sagte Rotzler. Für sich allein bewirkten sie jedoch nicht zwingend mehr Beteiligung.
Die Studie wurde von der ZHAW und dem Forschungsunternehmen Econcept durchgeführt. Mit der Fachhochschule Westschweiz (HES-SO) Wallis und der Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana (SUPSI) wurde zusammengearbeitet.
Angewandt wurden dabei einerseits qualitative sozialwissenschaftliche Methoden. 102 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 12 und 27 Jahren nahmen dafür an thematisch offenen Workshops, sogenannten Barcamps, teil. 59 Befragte beteiligten sich an insgesamt zehn Diskussionen in Fokusgruppen. Rund 800 Jugendliche füllten zum anderen eine Online-Befragung aus.