Studie: Schweiz sieht sich als etablierter Resettlement-Staat
Geht es um die Aufnahme von Flüchtlingsgruppen, sieht sich die Schweiz im internationalen Vergleich als etablierter Resettlement-Staat. Im Gegensatz zu anderen Ländern verfügt sie aber weder über Programme für Community Sponsorship, noch über humanitäre Korridore. Der Schweizerischen Flüchtlingshilfe ist das Bild zu positiv gezeichnet.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Rahmen des Resettlement-Programms nehme die Schweiz jährlich mehrere Hundert Flüchtlinge aus Krisenregionen auf, schrieb das Staatssekretariat für Migration (SEM) am Dienstag.
Es hat in einer Studie Vergleiche mit dem Ausland anstellen lassen und die Schweizer Instrumente für die Aufnahme von Geflüchteten analysiert.
Die Untersuchung kommt zum Schluss, dass auch die Schweiz die meisten Instrumente anwendet, die das Ausland ergänzend zum Resettlement nutzt. Solche Instrumente fasst das Uno-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) unter der Bezeichnung «Komplementäre Zugangswege» zusammen.
Die Schweiz sei im internationalen Vergleich ein etablierter Resettlement-Staat, lautet ein Schluss der Studie. Und mit der Möglichkeit, von überall her ein humanitäres Visum zu beantragen, gehe die Schweiz weiter als andere Staaten, schreibt das SEM.
Allerdings hat die Schweiz keine humanitären Korridore. Gemeint sind Programme, die ein Staat mit religiösen oder auch anderen zivilgesellschaftlichen Gemeinschaften vereinbart. Untersucht wurden im von einer externen Stelle ausgearbeiteten Ländervergleich Beispiele aus Belgien, Frankreich und Italien.
Dass die Auswahl nicht allein auf humanitären Kriterien basiere, könne Fragen bezüglich des UNHCR-Prinzips der Nicht-Diskriminierung aufwerfen, schreibt das SEM. Und weil sich zivilgesellschaftliche Akteure nur befristet finanziell am Programm beteiligten, könnte später die öffentliche Hand einspringen müssen.
Der Asylbereich ist eine Verbundaufgabe von Bund, Kantonen und Kommunen, wie das SEM festhält. Bund und Kantone sorgten für die Unterbringung der Asylsuchenden und einige Kantone würden dabei zivilgesellschaftliche Akteure und Private einbeziehen. Allerdings haben Private bei der Aufnahme von Menschen mit Schutzstatus S aus der Ukraine eine wichtige Rolle.
Auch wenn es eigentliche Programme für Community Sponsorship nicht gebe, werde diese Idee in Ansätzen bereits umgesetzt, hält das SEM daher fest. Die Auswahl der Menschen, die aufgenommen würden, liege aber in der Kompetenz des Bundes und ebenso die Finanzierung in den ersten sieben Jahren.
Das SEM ist auch der Frage nachgegangen, ob Städte, Gemeinden und auch Kantone mehr Kompetenzen erhalten sollten für die Aufnahme von Geflüchteten und Migranten. Das Fazit: Möglich wäre das nur mit weitreichenden gesetzlichen und finanziellen Anpassungen. Zusätzlich bräuchte es politische Vereinbarungen zwischen Kantonen und Kommunen.
Gerade angesichts der schwierigen Lage der Geflüchteten und Migranten in griechischen Flüchtlingslagern forderten Städte, Gemeinden und zivile Organisationen mehrmals vom Bund, mehr Menschen aus diesen Lagern in die Schweiz kommen zu lassen. Sie wiesen dabei auf freie Plätze in den Städten hin.
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) begrüsst die Auslegeordnung zwar. Doch das Bild sei zu positiv gezeichnet, schrieb sie. Die vorhandenen Instrumente wirkten kaum, weil sie äusserst restriktiv angewendet würden.
Namentlich der Fall sei das bei der Vergabe humanitärer Visa und der Familienzusammenführung. Um den Zugang zu Schutz zu gewährleisten und die komplementären Zugangswege zu stärken, müsste in den Worten der SFH die seit Ausbruch des Bürgerkrieges in Syrien «deutlich verschärfte» und «sehr restriktive» Praxis angepasst werden.
Das Potenzial der Zivilgesellschaft bei der Aufnahme und Integration werde zu wenig ausgeschöpft, macht die SFH zu Community Sponsorship geltend. Sie verweist auf die Bereitschaft von Kantonen, Städten und Gemeinden und zivilgesellschaftlicher Organisationen, sich stärker für die Aufnahme von Geflüchteten zu engagieren.