Wenige zufrieden: Expertin erklärt Sex-Frust der Schweizer Frauen
Einer aktuellen Umfrage zufolge sind die wenigsten Frauen in der Schweiz mit ihrem Sexleben komplett zufrieden. Dieses Ergebnis überrascht eine Sexologin nicht.
Das Wichtigste in Kürze
- Nur 29 Prozent der Frauen sind mit ihrem Sexleben rundum glücklich.
- Viele Frauen wissen nicht genau, was sie im Bett wollen, erklärt eine Sexologin.
- Oft merken sie erst später, dass sie etwas mitgemacht haben, das ihnen nicht gefallen hat.
Eine aktuelle Studie zeigt: Nur eine Minderheit der Frauen ist rundum glücklich mit ihrem Sexleben. Eine Expertin weiss, was häufig für Unzufriedenheit im Bett sorgt – und unzufrieden sind einige.
Lediglich 29 Prozent der befragten Deutschschweizerinnen geben an, mit ihrem Sexleben voll und ganz glücklich zu sein. 27 Prozent können ihre Sexualität so ausleben, wie sie es sich wünschen – jede Vierte hätte gerne mehr Sex, acht Prozent hätten lieber anderen Sex. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Umfrage des Magazins «Annabelle» hervor.
Das Ergebnis der Frauenstudie überrascht Sexologin Sybille Stahlberg keineswegs. Die Expertin mit einer System- und Sexualtherapie-Praxis in der Stadt Bern sagt auf Anfrage von Nau.ch: «Die Umfrage zeigt auf, dass viele Frauen sich mit dem Status quo nicht mehr zufriedengeben.»
Sexologin: «Viele wissen nicht genau, was sie wollen»
Doch warum sind die Frauen in der Deutschschweiz so gefrustet von ihrem Sexleben? «In meiner Praxis erlebe ich oft, dass viele Frauen gar nicht genau wissen, was sie wollen. Und dann merken sie: Wie sie Sex leben, ist gar nicht so, wie es ihnen gefällt.»
Die Sexualität in ihrer Vorstellung entspreche nicht unbedingt dem körperlichen und emotionalen Bedürfnis. «Somit entsteht eine Unzufriedenheit.»
Das sei auch der Grund, warum zahlreiche Frauen Grenzüberschreitungen – also Sex, den sie nicht mögen – mitmachen würden. «Sie merken dann erst später, dass sie das so gar nicht wollten.» Das hänge auch mit dem Glauben zusammen, im Bett leisten und gefallen zu müssen.
Gewalterfahrungen wirken sich auf Sexleben aus
Die Frauenstudie erwähnt auch, dass 30 Prozent aller Befragten schon sexuelle Gewalt erlebt haben und weitere 30 Prozent gar Geschlechtsverkehr ohne Einwilligung hatten. Und wer Gewalt erlebt hat, kann seine Sexualität unter Umständen weniger geniessen.
«Gewalterfahrungen, ob körperlich, sexuell oder psychisch, haben einen Einfluss auf das Sexualleben», weiss Sybille Stahlberg. «Wie stark und weitreichend dieser Einfluss ist, kann sehr unterschiedlich aussehen.» Das individuelle, subjektive Erleben sei dafür ausschlaggebend.
Expertin beobachtet sexuelle Aufbruchstimmung
Die Sexologin beobachtet allerdings auch positive Entwicklungen: Sie berichtet, dass sich viele Frauen auf den Weg zu einer Sexualität machen, «die es wert ist, gewollt zu werden». Das findet sie beeindruckend.
«Ich erlebe einen Aufbruch unter Frauen zu einer selbstbestimmten Sexualität. Hin zur Eigenverantwortung für die sexuelle Erregung.» Das mache Lust auf mehr.
Die Sexualtherapeutin erklärt: «Sobald sich Frauen – und Männer – die Erlaubnis zum Erforschen der eigenen Sexualität geben, statt zu leisten und zu gefallen, wächst die sexuelle Selbstsicherheit und Zufriedenheit.»