«Will keine Kinder»: Immer mehr Männer lassen sich sterilisieren

Die Vasektomie gilt als die sicherste Verhütungsmethode. Jetzt trauen sich immer mehr Männer zu diesem Schritt – auch junge.

vasektomie
Auf Kondome kann zu Verhütungszwecken verzichtet werden, wenn sich ein Mann sterilisieren lassen hat. (Symbolbild) - pexels

Das Wichtigste in Kürze

  • Für viele Männer kommt die Vasektomie als Verhütungsmethode nicht infrage.
  • Doch der Eingriff scheint in den letzten Jahren sein schlechtes Image wettzumachen.
  • Nau.ch hat sich mit Betroffenen und einem Urologen über die sichere Methode unterhalten.

In Sachen Verhütung können Männer bislang nur auf zwei zuverlässige Methoden zurückgreifen: das Kondom oder die eigene Sterilisation.

Letztere galt lange als unbeliebt. Nur 15 Prozent der sexuell aktiven Männer in der Schweiz hatten 2017 eine Vasektomie über sich ergehen lassen, wie Zahlen des Bundesamts für Statistik von damals zeigen.

Das hat sich jetzt geändert. Urologe Thomas von Rütte sagt zu Nau.ch: «In den letzten Jahren haben diese Eingriffe massiv zugenommen.» Von Rütte ist auf die Mikrochirurgie spezialisiert und einer der Leiter der Klinik der Berner Urologen, welche den Eingriff bis zu 50 Mal im Monat durchführt.

Der Wunsch nie Vater zu werden

An Männern wie Simon. Er hat sich im Dezember 2021 sterilisieren lassen. «Schon im Alter von 12 Jahren habe ich gesagt, dass ich keine Kinder will. Das hat mir meine Mutter erzählt», sagt er zu Nau.ch. Der heute 32-Jährige war lange in einer Beziehung mit einer Frau, die selbst keine Kinder wollte. Bis heute sei er glücklich mit seinem Entscheid, sagt Simon.

Einige seiner Freunde seien ebenfalls sterilisiert, erklärt der Berner. Sie haben mit dem Kinderwunsch abgeschlossen, nachdem sie eine Familie gegründet haben.

Simon musste seinem Urologen im ersten Vorgespräch seine Motivation für die Sterilisierung erklären.

Beim zweiten Termin ging es bereits zur Sache. Die Operation dauerte circa 20 Minuten. Dabei werden die beiden Samenleiter im Hodensack durchtrennt. Die losen Enden werden dann verschlossen. So können keine Spermien mehr ins Ejakulat gelangen.

Danach muss sich der Patient während mindestens zwei Tagen ausruhen. Deshalb wird der Eingriff meistens auf den Freitag gelegt, damit die Ruhephase aufs Wochenende fällt.

Medizin versuche Männer vor frühzeitiger Vasektomie abzuhalten

Auch Max* (38) will keine Kinder.

Mit 17 Jahren habe er das bereits gewusst, erzählt der Zürcher gegenüber Nau.ch. Seine «Mutti» habe zu dieser Zeit gedacht, die Aussage liege an der Pubertät. «Jedoch entwickelte sich der Kein-Kinderwunsch auch in den Jahren danach weiter in mir», so Max.

Bereits im Alter von 23 Jahren hat sich Max zum ersten Mal mit dem Thema Vasektomie auseinandergesetzt. Jedoch versuche die Medizin, Männer bis zum 30. oder gar 35. Lebensjahr von diesem Eingriff abzuhalten, erklärt er. Zu gross sei das Risiko von späterer Reue.

Für Max hiess es also: «Gedulden und noch mehr Vorsicht beim Sex.»

Sollten mehr Männer die Vasektomie als Verhütungsmethode in Betracht ziehen?

Erst dreizehn Jahre später war es so weit. Mit 36 Jahren konnte sich Max sterilisieren lassen. «Endlich», wie er sagt.

Abgesehen von dem Kein-Kinderwunsch war auch die «Sache mit der Verhütung» ausschlaggebend für seine Entscheidung. Er findet es altmodisch, dass sich normalerweise die Frau darum kümmern müsse.

«Männer wollen Verantwortung übernehmen»

Für den Vasektomie-Trend verantwortlich sieht Urologe von Rütter zwei Gründe: «Erstens ist die Verhütung nicht nur ein Thema der Frau und zweitens wollen immer mehr Männer Verantwortung in diesem Bereich übernehmen.»

Warum sich seine Patienten für eine Sterilisation entscheiden? Es sei ganz klar die sichere Methode. Von Rütte weiter: «Ein grosser Teil meiner Patienten entscheidet sich aber auch bewusst gegen eine Familienplanung und will keine Kinder (mehr).»

Und was, wenn man den Schnitt im Nachhinein bereut? Umentscheiden würden sich später die wenigsten, so von Rütte. «Eine Vasovasostomie (Rückoperation) führe ich sehr selten durch, maximal einmal im Monat.» Obwohl die Erfolgschancen mit etwa 97 Prozent ausgesprochen gross seien. «Sofern man es aber auch bei einem Urologen, der sich darauf spezialisiert hat, durchführen lässt.»

*Name der Redaktion bekannt

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