«Zahle alles»: «Sugardaddys» locken Schweizer Kinder in Prostitution
Auch in der Schweiz bieten «Sugardaddys» Luxus und wollen dafür Sex – selbst mit Minderjährigen. Damit machen sie sich des Menschenhandels strafbar.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Recherche von Tamedia deckt in der Schweizer «Sugardating»-Szene Schockierendes auf.
- «Sugardaddys» scheuen nicht davor zurück, Minderjährige zu kontaktieren.
- Willigen die Jugendlichen nicht sofort in ein Treffen ein, werden sie unter Druck gesetzt.
Anfang Juni sorgte ein «Sugardaddy»-Ring in Schaffhausen für Schlagzeilen. Grund: Minderjährige Frauen prostituierten sich via Snapchat und wurden sexuell ausgebeutet.
Sogenannte «Sugerdaddys» machen auch in anderen Fällen kein Halt vor dem jungen Alter ihrer «Sugarbabes». Das zeigt eine Recherche von Tamedia. Bei einem «Sugardaddy» handelt es sich um einen älteren Mann, der jungen Frauen Geld, Wertsachen oder Luxusreisen anbietet. Erwartet werden dafür meist sexuelle Dienstleistungen.
Für die Recherche wird auf einer «Sugardating»-Plattform das Profil einer erfundenen 18-jährigen Zürcherin erstellt – ohne Foto.
Die Anmeldung geht zackig: Zwar müssen Interessierte älter als 18 sein, eine Identitätskarte zur Überprüfung wird aber nicht verlangt. Ein Zugriff auf solche Plattformen ist hierzulande unbeschränkt möglich.
Minderjährigkeit ist «Sugardaddys» egal
Schon bald melden sich interessierte «Sugardaddys» – ein 43-jähriger Basler etwa bietet für ein Date mit Sex 300 Franken: «Dazu bezahle ich alles, was wir kaufen und auch unternehmen.» Ein 51-jähriger Zürcher wünscht sich eine «diskrete Affäre», für die er 5000 Franken springen lässt.
Die Männer versuchen, mit teils stark sexualisierten Nachrichten auf sich aufmerksam zu machen. Der Zürcher scheut sich auch nicht davor, die vermeintlich 18-Jährige unter Druck zu setzen, als diese nicht gleich reagiert: «Was machst du dann überhaupt hier, wenn du so schüchtern und so ein grosses Mauerblümchen bist?»
Insgesamt erhält die erfundene junge Frau unaufgefordert Angebote von 40 – teils deutlich älteren – Männern. Auch, als sie zwölf Männern gegenüber zugibt, erst 15 oder 16 Jahre alt zu sein, schreckt das viele nicht ab.
Sechs «Sugardaddys» pochen weiter auf ein Treffen. Ein 61-jähriger Solothurner etwa fragt, ob sie noch Jungfrau sei und fordert «es Föteli».
Opfer gehen Abhängigkeit ein
Die 15-Jährige warnt wegen des Alters vor einer möglichen Strafe, sollte es zu Sex kommen. Denn das Schutzalter liegt in der Schweiz bei 16 Jahren. Auch das scheint einen 39-jährigen Winterthurer nicht zu stören. Sein Argument: «Eigentlich jeder hier» könnte bestraft werden.
Wäre die 15-Jährige real gewesen und hätte sich auf die Angebote eingelassen, hätte es unschön enden können. «Vielen Betroffenen ist nicht bewusst, welche Abhängigkeit sie damit eingehen.» Das sagt Milena Brüni, Co-Leiterin der Fachstelle Okey für Opferhilfeberatung und Kinderschutz, gegenüber Tamedia. Das Fedpol stuft die Thematik als möglichen Teil von Menschenhandel ein.