Zürcher Polizistin nach schief gegangener Kontrolle freigesprochen
Eine Personenkontrolle in Zürich ist aus dem Ruder gelaufen, eine Polizistin und der Kontrollierte wurden angezeigt. Heute Dienstag fiel das Urteil.
Das Wichtigste in Kürze
- An der Langstrasse kam es zu Auseinandersetzungen zwischen einer Polizistin und dem Kontrollierten.
- Beide wurden wegen Beschimpfung angeklagt, die Polizistin wurde freigesprochen.
Eine Personenkontrolle, die vor drei Jahren aus dem Ruder lief, hat das Zürcher Bezirksgericht heute Dienstag aufrollen müssen: Es sprach am Ende eine Stadtpolizistin klar frei, die Kontrollierten wegen Beschimpfung verurteilt.
Es war im November 2015, an einem Sonntagmorgen um etwa 5.30 Uhr in der Früh, als sich der damals 23-Jährige mit 1,54 Promille im Blut von einem Geburtstagsfest herkommend auf dem Heimweg befand. An der Langstrasse wurde er von Stadtpolizisten kontrolliert.
Er habe einer vorbeifahrenden Polizeipatrouille zweimal den Mittelfinger gezeigt, einmal sei er dabei auf der Strasse gestanden, sagten vier Polizisten. Er sei aus dem Nichts heraus kontrolliert worden, beteuerte hingegen der junge Mann, der laut eigenen Aussagen vor diesem Vorfall nichts gegen die Polizei gehabt haben will, aber unter anderem wegen Sachbeschädigung mehrere Vorstrafen aufweist.
Polizistin zeigt Kontrollierten an
Die Personenkontrolle lief in der Folge völlig aus dem Ruder. Darüber waren sich beide Seiten einig. Sie erzählten aber zwei unterschiedliche Versionen.
Der Mann sei von Beginn an renitent gewesen, sagten vier beteiligte Polizisten. Er habe mit Schimpfwörtern nur so um sich geworfen, etwa mit «Scheiss-Bullen», «Drecks-Bullen» und «Scheiss-Schwuchteln». Das übliche Mass, das sich Polizisten im Kreis 4 gefallen lassen müssten, sei überschritten gewesen. Eine Polizistin und ein Polizist zeigten ihn deshalb wegen Beschimpfung an.
Kontrollierter zeigt Polizistin an
Er sei zwar etwas angeheitert gewesen, räumte der Mann vor Gericht ein. Er habe während der Kontrolle aber lediglich die Polizeiarbeit kritisiert: Wenn man so ruppig mit Unschuldigen umgehe, dann schüre man Hass auf den Staat, dann schaffe man IS-Kämpfer, habe er gesagt. Schimpfwörter habe er keine verwendet.
Später, auf der Wache, sei er dann gedemütigt worden, gab der Kontrollierte an. Als er bei der Leibesvisitation nackt gewesen sei, habe die zuvor angeblich von ihm beschimpfte Polizistin auf seinen Penis hingewiesen. Und sie habe gesagt: «Mit diesem kann er doch keine Frau befriedigen.»
Er habe sich erniedrigt gefühlt – in der Folge habe er acht Mal eine Psychologin aufsuchen müssen, führte der Stadtzürcher vor Gericht aus. Deshalb reichte auch er eine Anzeige wegen Beschimpfung ein.
Die damals 31-jährige Polizistin bestritt diese Aussagen. Bei der Leibesvisitation eines Mannes sei nie eine Polizistin dabei.
Dass der Mann sie beschuldigte, bezeichnete deren Anwalt als «Rache-Anzeige». Diese Anzeige sei ja auch erst einen Monat nach dem Vorfall und eine Woche nach der Anzeige der Polizistin eingegangen.
Ein Freispruch, ein Schuldspruch
Die Staatsanwaltschaft hatte sowohl den Kontrollierten als auch die Polizistin wegen Beschimpfung angeklagt. Beiden sei bewusst gewesen, dass sie mit ihren jeweiligen Worten den anderen in der Ehre verletzen würden, schrieb sie in der Anklageschrift und forderte bedingte Geldstrafen von 15 Tagessätzen für den Kontrollierten und von 20 Tagessätzen für die Polizistin.
Angesichts der übereinstimmenden Aussagen der Polizisten gelangte der Einzelrichter aber bezüglich der Polizistin zu einem «klaren Freispruch». Die Ausführungen des jungen Mannes bezeichnete der Richter als wenig überzeugend. So habe er anfänglich keine Person konkret beschuldigt, erst im weiteren Verlauf habe er mehr Details genannt.
Angesichts dieser Ausgangslage gelangte das Gericht auch zur Überzeugung, dass der Kontrollierte die Polizisten tatsächlich beschimpft hatte. Es verurteilte ihn zu einer bedingten Geldstrafe von 15 Tagessätzen bei einer Probezeit von fünf Jahren.