Entwicklungszusammenarbeit ist Sicherheitspolitik
Lucrezia Meier-Schatz spricht sich im Gastbeitrag gegen Budgetkürzungen in der Entwicklungszusammenarbeit aus. Das sei nicht im Interesse der Schweiz.
Das Wichtigste in Kürze
- Alt-Nationalrätin Meier-Schatz sieht Entwicklungszusammenarbeit als Sicherheitspolitik.
- Die Debatte über Budgetkürzungen sei zu kurz gedacht und nicht im Interesse der Schweiz.
- Entwicklungszusammenarbeit sei der Grundstein nachhaltiger Sicherheitspolitik.
In Zeiten der knappen Ressourcen und der globalen wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Herausforderungen werden in der Schweiz neue finanzpolitische Schwerpunkte gesetzt.
So soll das Armeebudget massiv ausgestockt und die sehr berechtigte Hilfe für die Ukraine ausgebaut werden, auf Kosten der Entwicklungszusammenarbeit.
Einzelne politische Exponenten haben in den letzten Jahren immer wieder Kürzungen bei der internationalen Zusammenarbeit beantragt und nun wollen sie mit ihren neuen Kürzungsanträgen dazu beitragen, dass die vom Parlament 2011 festgelegte Zielvorgabe von 0,5% des Bruttoeinkommens, nicht erreicht wird.
So gerät auch das vom Bundesrat mitgetragene Ziel im Rahmen der Agenda 2030 der UNO die Finanzbeiträge an die Entwicklungszusammenarbeit auf 0,7% zu erhöhen, in immer weitere Ferne.
Die Folgen der globalen Phänomene wie Klimawandel, Pandemien, Terrorismus, Bürgerkriege wirken, wie die gegenwärtigen Kriege in der Ukraine oder im Nahen Osten, grenzüberschreitend.
Deswegen liegt es nicht nur in der Verantwortung der Schweiz zu einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen und diesen Gefahren präventiv entgegenzuwirken, sondern es ist auch in unserem eigenen Interesse, dass die negativen Effekte dieser globalen Herausforderungen nicht vermehrt auf unser Land überschwappen.
Grundstein nachhaltiger Sicherheitspolitik
Internationale Zusammenarbeit legt den Grundstein für eine nachhaltige Sicherheitspolitik, wie dies im sicherheitspolitischen Bericht des Bundesrates nachzulesen ist. Denn es geht heute und in Zukunft nicht nur um Armutsbekämpfung, sondern um viel mehr.
Der Wille autokratischer Herrscher, eine multipolare Weltordnung zu etablieren, gefährdet nicht nur die international anerkannten Grundwerte, sondern ganz direkt die Menschenrechte und die Zivilgesellschaft.
Diese sind zunehmend unter Druck. Und wir, als reiches Land, erhöhen mit den Kürzungsvorhaben bei der IZA den Druck noch zusätzlich und ignorieren die vorhandenen Systemrisiken.
Die geplanten Kürzungen bei der internationalen Zusammenarbeit sind alles andere als zielführend. Sie rauben den Menschen vor Ort die Zuversicht auf ein besseres Leben, auf Autonomie und Würde.
Die globale Erwärmung führt in einer steigenden Zahl von Ländern zu zunehmende Wasser- und Nahrungsmittelknappheit, zu extremer Wetterereignissen und zu mehr Krankheiten.
Es geht um weit mehr als die Bekämpfung von Armut und Hunger, es geht schliesslich um Stabilität und um die Sicherung der Lebensgrundlage menschlicher Zivilisation.
Kurzsichtigkeit mit Folgen
Die Kurzsichtigkeit der Kürzungsvorschläge des Bundesrates und eines Teils des Parlaments haben vielfältige und schwerwiegende Folgen. Sie gefährden weiter die getätigten Investitionen in Bildung und Infrastruktur.
Sie führen zu einer Verschlechterung der Lebensbedingungen der Menschen, wenn Entwicklungsprojekte, die darauf abzielen Armut und Hunger zu reduzieren, nicht weiterverfolgt werden können.
Die geplanten Kürzungen der Gelder für die internationale Entwicklungszusammenarbeit verschärfen die globalen Ungleichheiten und tragen zu einer Verlangsamung des Fortschritts bei den UN-Nachhaltigkeitszielen bei.
Sie führen schliesslich zu politischer und sozialer Instabilität und erhöhen den Migrationsdruck. Sie richtet einen langfristigen wirtschaftlichen Schaden an, da die Kürzungen das Wirtschaftswachstum in den Entwicklungsländern hemmen und zu einem Rückgang des globalen Wohlstandes führen.
Auch wird das Vertrauen in die internationalen Beziehungen untergraben. Der partielle Rückzug von unseren internationalen Versprechen schwächt die Verfolgung der festgelegten Ziele, namentlich die Förderung der Demokratie, der Rechtstaatlichkeit und der Menschenrechte.
Irreführend und nicht im Interesse der Schweiz
Die geplanten Kürzungen in der internationalen Zusammenarbeit mögen kurzfristig als Sparmassnahme betrachtet werden, haben aber sehr langfristige Folgen. Es geht nicht nur um ethische und humanitäre Verantwortung.
Es geht um einen wichtigen Beitrag an unsere eigene Sicherheitspolitik, an die Sicherung globaler Stabilität, Wohlstand und Frieden. Die Auswirkungen solcher Kürzungen können schnell zurück schwappen, in Form von Migration, verstärkter Unsicherheit und wirtschaftlichen Verwerfungen.
Kürzungen sind nicht zielführend, denn Entwicklungszusammenarbeit ist Sicherheitspolitik und unmittelbar im Interesse der Schweiz.
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Zur Autorin: Lucrezia Meier-Schatz war von 1999 bis 2015 Mitte-Nationalrätin und ist Präsidentin des Stiftungsforums Fastenaktion.