Klimakrise und Konflikte: Eine tickende Zeitbombe
Die Klimakrise heizt bestehende Konflikte an und schafft neue. Auswirkungen sehen wir bereits, doch in Zukunft wird es noch schlimmer sein. Ein Gastbeitrag.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Klimakrise heizt bestehende Konflikte an und schafft neue.
- Die Auswirkungen sehen wir bereits, und in Zukunft wird es noch viel schlimmer sein.
- Ein Gastbeitrag von Klimaaktivist Jonas Kampus.
Im sicherheitspolitischen Bericht, den Viola Amherd letzte Woche präsentierte, wird der Begriff «Klimawandel» achtmal genannt. Für den Bundesrat stellt die Klimakrise also eine sicherheitspolitische Bedrohung dar. Wieso er bei der Reduktion der Treibhausgasemissionen nicht dahingehend handelt, bleibt ein Fragezeichen.
Nicht nur der Bundesrat sieht in der Klimakrise eine Bedrohung für die nationale Sicherheit, das Pentagon und die NATO haben dies schon vor Jahrzehnten erkannt.
Während die US-Präsidenten Bush und Trump die Existenz des menschengemachten Klimawandels anzweifelten, waren sich die Vertreter*innen im Verteidigungsdepartement den weitreichenden Folgen einer globalen Erhitzung immer bewusst und richteten ihre Strategien auch danach aus.
US-Armee grösste Emittentin von Treibhausgasen
Die Antwort der NATO und des Pentagons ist nicht etwa eine globale Abrüstung und rasche Reduktion der Treibhausgasemissionen auf netto Null, sondern genau das Gegenteil: Angesichts der Bedrohung der Klimakrise schwärmen Generäle von mit Biotreibstoff betriebenen Kampfjets und Solarpanels auf Panzern.
Diese Propaganda erscheint einem doch ziemlich lächerlich, wenn man bedenkt, dass die US-Armee die grösste Emittentin von Treibhausgasen ist und dass diese vor weniger als zwanzig Jahren im Irak unter anderem wegen dessen Erdölvorkommen einmarschiert ist.
Fakt ist aber, dass die Klimakrise einen erheblichen Einfluss auf bestehende und potenziell zukünftige Konflikte hat. Doch Kriege und militärische Gewalt befeuern auch direkt oder - noch stärker - indirekt die globale Erhitzung. Vielerorts wie im Irak, in Nigeria oder in Kanada bedarf es der gewaltvollen Kontrolle einer Armee oder Armee-ähnlicher Polizeieinheiten, um die Förderung von fossilen Brennstoffen sicherzustellen.
Indigene Völker werden bedroht
Die intakte Natur in den Territorien der Wet’suwet’en, eines indigenen Volkes in Kanada, wird regelmässig durch den Bau von Gaspipelines bedroht. Der Widerstand und die Blockaden der Wet’suwet’en werden durch eine paramilitärische Einheit der kanadischen Polizei mit der Androhung von Waffengewalt niedergeschlagen.
Dies ist kein Einzelfall: Jedes Jahr werden über 200 Umweltschützer*innen ermordet. Die Extraktion von fossilen Brennstoffen bedarf also bereits einer starken militärischen Präsenz.
Sind diese fossilen Brennstoffe einst verbrannt und haben sich in potente Treibhausgase wie CO2 oder CH4 verwandelt, erwärmen diese mithilfe des Treibhauseffekts die Erdoberfläche. Diese steigenden Temperaturen führen vermehrt zu Überschwemmungen oder Dürren.
Wissenschaftler*innen gehen davon aus, dass eine besonders starke Dürre in den Nullerjahren ein Faktor für den Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien war. Eine Studie des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes konstatiert, dass aktuell in 12 der 20 am meisten von der Klimakrise bedrohten Ländern Konflikte herrschen.
Krieg sorgt für Vernachlässigung von Klimaschutz
Wütet in einem Land Krieg, wird der Klimaschutz stark vernachlässigt bzw. führen Kriege selbst zu massiver Umweltzerstörung, etwa durch den Einsatz von ABC-Waffen wie Napalm oder die Kontaminierung der Gewässer und Böden durch Munitionsreste.
Aufgrund der Klimakrise verursachten oder verstärkten Naturkatastrophen oder Kriegen, werden mehrere Millionen Menschen zum Verlassen ihrer Heimat gezwungen. Viele davon migrieren innerhalb ihres Landes, diese sind sogenannte «Binnenflüchtende», doch einige werden auch versuchen, nach Europa zu flüchten.
Angesichts der momentanen Aufrüstung der europäischen Grenzpolizei Frontex und der Errichtung der Festung Europa mithilfe von illegalen Pushbacks, das Abwenden von Flüchtlingsbooten, und Grenzzäunen, wird es absolut essenziell sein, dass wir uns als Zivilgesellschaft dieser Entwicklung entgegenstellen.
Offene Gesellschaft statt Abschottung
Die Antwort auf Klimamigration darf nicht Abschottung sein, sondern eine offene Gesellschaft, die die Klimakrise als Fluchtgrund anerkennt. Genauso wichtig ist aber, dass es rasch zu einer massiven globalen Abrüstung kommt und die zwei Billionen US-Dollars aller Verteidigungsbudgets in effektive Klimaschutzmassnahmen investiert werden. Wir lösen die Klimakrise nicht mit mehr Bomben und Panzern, sondern durch eine ökologische und friedliche Gesellschaft.
Um diesen Forderungen Nachdruck zu verleihen, haben wir das friedenspolitische Komitee für den Strike for Future am 21. Mai gegründet. Dieses setzt sich für eine friedenspolitische, antimilitaristische Klimapolitik ein.
Zum Autor: Jonas Kampus ist politischer Sekretär der GSoA (Gruppe für eine Schweiz ohne Armee) und Klimaaktivist. Weitere Infos: gsoa.ch/friedenspolitisches-komitee-strike4future