Martin Landolt (BDP) äussert sich zum EU-Rahmenabkommen

Martin Landolt
Martin Landolt

Bern,

Seit zehn Jahren strebt die EU ein Rahmenabkommen an. Jetzt ist der Bundesrat gefragt. Ein Kommentar von BDP-Nationalrat Martin Landolt.

Martin Landolt BDP
Nationalrat Martin Landolt, BDP GL, Präsident BDP Schweiz - zvg

Das Wichtigste in Kürze

  • Seit Dezember liegt ein Vertragsentwurf vor, der Bundesrat muss nun antworten.
  • Schweizer Politiker äussern sich in der Rubrik «Stimmen der Schweiz» dazu.

Bundesrat gefordert

«Politiker denken an die nächste Wahl, Staatsmänner an die nächste Generation.» Es dürfte um die 150 Jahre her sein, seit der amerikanische Prediger James F. Clarke mit diesem Zitat wachrütteln wollte. Dass er damit auch den heutigen Zeitgeist treffen würde, hat er damals mit Sicherheit nicht gehofft.

Natürlich darf es wenige Monate vor den nationalen Gesamterneuerungswahlen gerade den Parlamentarierinnen und Parlamentariern nicht übel genommen werden, wenn diese Wahlen zunehmend den Alltag prägen... Das gilt aber nicht für unseren Bundesrat; der zurzeit offensichtlich wenig Lust darauf verspürt, das Land zu regieren.

Ob es Ängstlichkeit, Ratlosigkeit oder Orientierungslosigkeit ist, weiss man nicht so genau. Aber es ist nicht zu übersehen, dass vor allem Zeit damit verloren wird, indem man Zeit zu gewinnen versucht... Und man hofft, mit Strukturen von gestern irgendwie die Probleme von morgen zu lösen; dabei ist man heute schon überfordert.

Keine klare Haltung

Und dies dauert nun schon ein paar Monate. Begonnen hat es mit dem ungewohnten Prozess einer so genannten Konsultation. Dabei haben sich Parteien, Verbände, Medienschaffende und allerlei Experten fleissig zum institutionellen Rahmenabkommen geäussert, ohne dabei die Haltung unserer Regierung zu kennen, bzw. sogar ohne dabei zu wissen, ob unsere Regierung überhaupt schon eine Haltung hat...

Wichtige Verständnisfragen konnten nicht beantwortet werden, dringend notwendige Präzisierungen wurden nicht vorgenommen, das Abkommen wurde nicht verteidigt. Der zuständige Staatssekretär hätte dies offensichtlich gekonnt, hat aber nicht gedurft. Die Regierung hätte gedurft, hat aber nicht gewollt. Und dennoch glaubt man jetzt genau zu wissen, dass ein solches Abkommen nicht mehrheitsfähig sei. Sogar öffentliche Umfragen zur Meinung der Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern wurde herbeigezogen, ohne dass ein sorgfältigen Dialog mit ihnen stattgefunden hätte.

Vertrauen schaffen

Die bisherige Diskussion war chaotisch, die Konsultation nutzlos. Sie hat kaum jemanden weiter gebracht – vor allem nicht den Bundesrat. Dabei würde dieses Land direktdemokratische Prozesse kennen, mit deren Umgang sich alle gewohnt wären: Eine Botschaft des Bundesrats, eine Vernehmlassung, eine parlamentarische Debatte und am Schluss eine Volksabstimmung.

Über diesen Weg setzen wir uns doch immer wieder mit wichtigen Fragestellungen auseinander. Da gibt es Platz für Diskussionen, Erklärungen, Präzisierungen. Da müssen am Schluss alle eine Position beziehen, „ja“ oder “nein“ sagen. „Ja, aber“ gibt es dann nämlich nicht.

Am Anfang eines solchen Prozesses braucht es aber den Bundesrat. Einen Bundesrat, der diesen Prozess auslöst, ein Projekt vorschlägt, hinter diesem steht, es erklärt und verteidigt.

Klar ist dies ist auch mit unangenehmen Botschaften verbunden. Klar bedeutet dies auch Gegenwind. Man muss erklären, dass ein Rahmenabkommen nicht ein innenpolitisches Wunschkonzert ist, sondern ein Verhandlungsergebnis, für das beide Seiten aufeinander zu gehen mussten.

Und man muss dazu stehen, dass - wenn die Vorteile überwiegen - es irgendwo auch Nachteile hat... - Genau dies wäre wohl gemeinhin von einer Regierung zu erwarten. Dass sie nicht verunsichert, sondern Vertrauen schafft. Dass sie regiert.

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