Bafin verdächtigt Wirecard-Ex-Chef Braun des Insiderhandels
Wegen eines Aktienverkaufs kurz vor der Wirecard-Pleite steht der ehemalige Firmenchef Markus Braun im Verdacht des unerlaubten Insiderhandels.
Dies bestätigte die deutsche Finanzaufsicht Bafin am Mittwoch. Man habe dies der Münchner Staatsanwaltschaft angezeigt, sagte eine Bafin-Sprecherin. Die Bafin steht ihrerseits unter wachsendem Druck der europäischen Behörden.
Die Finanzmarktaufsicht Esma will den Fall bis Ende Oktober genau untersuchen. Auch die EU-Kommission verlangt volle Aufklärung.
Wirecard hatte am 25. Juni nach einem Bilanzskandal Insolvenz angemeldet. Bei dem Verdacht gegen Braun geht es demnach um den Verkauf von Wirecard-Aktien im Volumen von 6,6 Millionen Euro am 24. Juni, also einen Tag vor dem Insolvenzantrag. Weitere Aktienverkäufe von Braun werden der Bafin-Sprecherin zufolge ebenfalls geprüft. Über seinen Anwalt wies Braun den Vorwurf zurück.
Braun war am 19. Juni zurückgetreten. Er war mit seiner MB Beteiligungsgesellschaft lange der grösste Einzelaktionär des Unternehmens, verkaufte aber mit dem Kursabsturz infolge mutmasslicher Luftbuchungen des Unternehmens nach und nach den grössten Teil seiner Aktien - nach Stimmrechtsmitteilungen auch, um in Anspruch genommene Kredite zu bedienen.
«Wir weisen diesen Verdacht, zu dem Herr Braun von der Bafin vorher nicht einmal angehört worden ist, als völlig haltlos zurück», sagte Brauns Anwalt Alfred Dierlamm der «Süddeutschen Zeitung». «Zu den Einzelheiten werden wir uns ausschliesslich gegenüber der Staatsanwaltschaft München I äussern.»
Am 18. Juni hatte Wirecard öffentlich machen müssen, dass der Wirtschaftsprüfer EY für das Jahr 2019 das Testat verweigert hatte. Rund 1,9 Milliarden Euro, die angeblich auf Treuhandkonten lagen, waren nicht auffindbar. Nach Eröffnung von Ermittlungen stellte sich Braun den Behörden, kam aber gegen Kaution wieder frei.
Die Bafin hatte die Konzerntochter Wirecard Bank beaufsichtigt, während der Wirecard-Konzern als Ganzes als Technologieunternehmen eingestuft wurde. Nun steht die deutsche Aufsicht auf europäischer Ebene unter Druck. Die EU-Kommission hatte die europäische Aufsicht Esma in Paris bis Mittwoch um eine Einschätzung des Falls gebeten. Die Esma reagierte auch fristgemäss, kündigte aber nun eine genauere Bewertung der Rolle der Bafin und der Deutschen Prüfstelle für Rechnungswesen bis Ende Oktober an.
Der Zusammenbruch von Wirecard habe das Vertrauen von Investoren in die Kapitalmärkte untergraben, erklärte die Esma. «Deshalb ist es nötig, diese Ereignisse zu bewerten, um dazu beizutragen, das Vertrauen der Investoren wiederherzustellen.» Ähnlich äusserte sich auch EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis. «Derzeit ist es wichtig festzustellen, was genau schief ging», sagte Dombrovskis in Brüssel. «In diesem Fall ist definitiv noch mehr Arbeit nötig.»
Aus der Antwort auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag geht hervor, dass die Bafin in den vergangenen Jahren mehrfach die Wirecard Bank im Rahmen sogenannter Sonderprüfungen nach dem Kreditwesengesetz geprüft hat. Darüber hatte zuvor der Branchendienst «Finanz-Szene» berichtet. «Nach der Insolvenz der AG und dem Schaden vieler Anleger muss die Bafin ihre Prüfergebnisse gegenüber dem Bundestag offenlegen», sagte der Grünen-Abgeordnete Danyal Bayaz. «Erst dadurch sehen wir, ob an der falschen Stelle oder zu oberflächlich geprüft wurde.» Die Bafin-Sprecherin sagte dazu: «Es handelte sich um Prüfungen ohne besonders schwerwiegende Feststellungen».