Finanzkontrolle: Missbrauch von Covid-Geldern «kein Massenphänomen»
Hinweise auf Missbrauch von wegen der Corona-Pandemie ausbezahlten Hilfsgeldern und Solidarbürgschaften gibt es zwar, aber solche Auffälligkeiten sind «kein Massenphänomen». Das schreibt die Eidgenössische Finanzkontrolle in einer repräsentativen Analyse.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Finanzkontrolle (EFK) untersuchte laut ihrem am Mittwoch veröffentlichten Zwischenbericht zu den Corona-Massnahmen des Bundes 94'000 der gesprochenen Solidarbürgschaften mit einem Umfang von 11,4 Milliarden Franken.
Hinweise auf möglichen Missbrauch sieht sie in gut 400 Fällen. Das ist weniger als ein Prozent.
Die gut 400 Fälle beziehen sich auf Bürgschaften im Umfang von 88 Millionen Franken. Indizien gibt es laut EFK für verbotene Dividendenzahlungen, Doppelauszahlungen, überhöhte Kredite an nach dem 1. Januar 2020 gegründete Firmen sowie Kredite an Schweizer Zweigniederlassungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit.
Bei einem von zehn Anträgen weiche der deklarierte Umsatz um mehr als 25 Prozent vom Betrag ab, der für die Berechnung der Mehrwertsteuer angegeben worden sei, schreibt die EFK. Sie spricht von der ersten repräsentativen Analyse. Ihre Befunde leitete sie an das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) weiter.
Dem Wirtschaftsdepartement (WBF) gemeldet hat die EFK gezogene Kredite von Reedereien und Schifffahrtsgesellschaften, die bereits gestützt auf das Landesversorgungsgesetz Bürgschaften in Anspruch nehmen. Ein Covid-19-Kredit von 500'000 Franken sei bereits an eine Reederei ausbezahlt und weitere seien beantragt worden.
Das WBF teilte dazu mit, dass mit Ausnahme des bereits ausbezahlten Geldes Kredite an eine Reederei und fünf Schifffahrtsgesellschaften gesperrt seien und überprüft würden. Insgesamt seien 2,2 Millionen Franken blockiert.
Die EFK hat zudem den Zinsertrag errechnet, mit dem Banken rechnen können, die sich am Programm beteiligen. Rund 110 Millionen Franken dürften es jährlich sein beim aktuellen Referenzzinssatz von -0,75 Prozent gestützt auf Bürgschaften von zusammengezählt 15 Milliarden Franken. Per 12. Mai waren über 124'400 Kredite mit rund 14,9 Milliarden Franken gesprochen.
Der grösste Anteil an Solidarbürgschaften ging an den Detail- und Grosshandel. Danach folgten das verarbeitende Gewerbe, das Baugewerbe sowie das Gastgewerbe und Beherbergungsbetriebe. Der durchschnittliche Betrag lag bei 121'722 Franken.
Solidarbürgschaften über mehr als 500'000 Franken, bei denen die Bank das Ausfallrisiko zu 15 Prozent tragen muss, wurden nach Feststellung der EFK bisher zurückhaltend vergeben. Sie machen bisher lediglich 11 Prozent des Gesamtvolumens aus. Die grössten Kreditgeberinnen waren die Grossbanken.
Solidarbürgschaften, die Kurzarbeitsentschädigungen und auch der Corona-Erwerbsersatz wurden jeweils rasch ausbezahlt, wie die EFK weiter schreibt. Für Kurzarbeit wurden bis 6. Mai Zahlungen von über 1 Milliarde Franken ausgelöst. Betroffen waren mehr als 700'000 Angestellte oder jede siebte erwerbstätige Person in der Schweiz.
Bis Ende Mai wurden der EFK 43 mögliche Missbrauchsfälle gemeldet. Bei den meisten sei der tatsächliche Beschäftigungsgrad höher als der deklarierte.
Zügig voran kam laut EFK auch die Auszahlung von Erwerbsersatz. Bis zum 24. Mai wies die Zentrale Ausgleichsstelle rund 135'000 bearbeitete Fälle und rund ausbezahlte 553 Millionen Franken aus. Etwas weniger schnell abgewickelt werden dagegen Unterstützungsfälle in Sport und Kultur.
Sportorganisationen deponierten bis zum 25. Mai 76 Gesuche über insgesamt 20 Millionen Franken. Davon war jedes dritte abschliessend bearbeitet. In der Kultursparte waren es - am gleichen Stichtag - rund 8600 Gesuche im Volumen von rund 340 Millionen Franken. Davon waren etwa 2300 bearbeitet und 15 Millionen Franken bewilligt.
Die EFK sieht in ihrem Bericht «hausgemachte Ursachen»: Abhängigkeiten der spezifischen Unterstützung von anderen Massnahmen, viele Beteiligte, Regelungen mit Interpretationsspielraum sowie komplexe Abwicklungsprozesse. Wo dies noch möglich sei, müsse die Unterstützung einfach gestaltet werden.
Die Armeeapotheke beschaffte bis 27. Mai medizinische Güter für rund 411 Millionen Franken und bezahlte davon 192 Millionen Franken. Die EFK merkt an, dass getrennte Systeme es erschwerten, den Gang dieser Geschäfte nachzuvollziehen. Der Armeestab schrieb dazu, Transparenz sei grundsätzlich gegeben, wenn auch mit einem Zusatzaufwand.