Führt die Corona-Krise zur nächsten Immobilienblase?
Der Schweizer Immobilienmarkt ist angespannt. Noch ist aber keine neue Immo-Blase entstanden. Die Corona-Krise könnte dies nun ändern.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Corona-Krise trifft auch den Schweizer Immobilienmarkt.
- Finanzexperten schliessen eine Immobilienblase aber weitgehend aus.
- Stattdessen dürfte sich die Nachfrage nach Wohneigentum minimieren.
Die Hypothekarzinsen sind im Keller. Gleichzeitig ist der Wohnraum in der Schweiz merklich teurer geworden. Das Risiko einer Immobilienblase war selten grösser – findet auch die Schweizerische Nationalbank (SNB).
In ihrem letzten Bericht warnt sie vor einer längeren Rezession, ausgelöst durch die Corona-Pandemie. Der Grund: Eine Konjunkturflaute könnte zu einer Preiskorrektur bei Wohnliegenschaften sowie zu erhöhten Tragbarkeitsrisiken führen. Das wiederum würde die Kreditbücher enorm belasten.
Immobilienblase so nahe wie selten zuvor
Diese Befürchtung ist nicht neu – im Gegenteil. Immer wieder werden Stimmen laut, die vor einer Überhitzung des Immobilienmarkts warnen. Anlass dazu gibt unter anderem auch der Swiss Real Estate Bubble Index von der UBS.
Er verzeichnete im ersten Quartal einen Anstieg von 1,26 auf 1,30 Indexpunkte. Bedeutet: Der Schweizer Immobilienmarkt ist nur noch 0,7 Indexpunkte von einer Immobilienblase entfernt.
Corona-Auswirkungen kaum abschätzbar
In welche Richtung sich der Index künftig bewegen wird, ist ungewiss. Die Auswirkungen der Corona-Krise dürften frühstens im laufenden oder nächsten Quartal sichtbar werden.
«Da sowohl Verkäufer als auch Käufer vorsichtig agieren, ist die Preisfindung erschwert und damit der Einfluss auf die Preisentwicklung nicht eindeutig», sagt Claudio Saputelli, Leiter Swiss & Global Real Estate im UBS Chief Investment Office.
«Eine längere Rezession und ein ungebremster Anstieg der Arbeitslosigkeit könnte aber durchaus zu etwas stärkeren Preisrückgängen führen», ergänzt Thomas Rieder, Immobilienökonom Credit Suisse.
Unter Druck kämen dann vor allem die Preise von Büroliegenschaften und Wohnrenditeliegenschaften, sagt Finanzexperte Frédéric Papp vom Vergleichsportal Comparis. Die Preise von Eigenheimen seien gegen einen signifikanten Preisrutsch besser gewappnet. Dies, weil Wohneigentümer alles tun würden, um Zinsen und Amortisationen fristgerecht zu bezahlen.
«Schwerwiegende Folgen für die Immobilienwirtschaft im Speziellen und für die Schweizer Wirtschaft im Allgemeinen hätte aber eine plötzliche Anhebung der Zinsen», erklärt Papp. Sein Worst-Case-Szenario: Ein abstürzender Immobilienmarkt wie in den 1990er-Jahren.
Finanzexperten schliessen Immobilienblase aus
Weit hergeholt? Nicht unbedingt, so Papp. Er sieht gewisse Parallelen zur damaligen Zeit. «Damals wie heute wurden Immobilienanlagen als todsicher bezeichnet», erklärt er. «Bei solchen Aussagen müssen die Alarmglocken schrillen. Erfahrungsgemäss sind todsichere Anlagen der sichere Tod.»
Auch die weltweite Geldpolitik sei ein Indiz für eine mögliche Zinserhöhung. Der Grund: Zahlreiche Notenbanken fluten aktuell die Finanzmärkte mit Billig-Geld. «Damals begann die Inflation dann aus dem Ruder zu laufen, und die Schweizerische Nationalbank reagierte darauf mit einer abrupten Zinserhöhung.»
Eine Immobilienblase schliessen die Experten aber weitestgehend aus. «In den letzten Jahren wurden die Anforderungen für die Hypothekarkreditvergabe bei Wohneigentum verschärft», betont CS-Mann Rieder. Dank höheren Eigenmittelanforderungen und schnelleren Amortisationszahlungen seien Eigentümer heute besser geschützt.
Eine Corona-Verunsicherung herrscht aber vor. Deshalb könne mit einem Nachfragerückgang nach Wohneigentum gerechnet werden.