Nicht nur klatschen: Anerkennung für Pflegeberufe gefordert
Mit einer Solidaritäts-Geste anerkannten heute viele Schweizer die Arbeit von Pflegern, Ärztinnen, Apothekern. Es ist eine Anerkennung, die sonst oft fehlt.
Das Wichtigste in Kürze
- Menschen landauf und landab beklatschten heute das Schweizer Pflegepersonal.
- Die Anerkennung soll aber weiter gehen, fordern Betroffene: in angemessenen Löhnen.
- Die Coronakrise bietet die Chance, über den Wert von Arbeit nachzudenken.
Um 12.30 Uhr zeigten Schweizerinnen und Schweizer ihre Anerkennung für Pflegepersonal und Ärztinnen. Indem sie die Hände zusammenschlugen, wollen sie sich für deren Einsatz in den Spitälern bedanken. Mangels Bewegungsfreiheit halt aus dem Fenster oder vom Balkon.
Klatschen ist toll, es kostet nichts und zeigt trotzdem Anerkennung und Wertschätzung. Allerdings können sich die Beklatschten damit nichts kaufen - Musiker können ein Lied davon singen. Deshalb machen verschiedene Personen derzeit auf die teils tiefen Löhne aufmerksam.
In der Krise wird bewusst, welche Berufe für die Aufrechterhaltung einer funktionierenden Gesellschaft unverzichtbar sind. Oder umgekehrt. Oft genug sind es allerdings Berufe, in denen die Löhne tief sind.
Nacht- und Schichtarbeit für unter 6000 Franken
Im Gesundheitswesen liegt der monatliche Brutto-Median-Lohn - also der häufigste Wert - bei 6750 Franken, gemäss dem Bundesamt für Statistik Bfs. FaGe (Fachperson Gesundheit) verdienen 4773 Franken pro Monat, so Lohncheck.ch. Die Hälfte davon erhält zwischen 4336 und 5232 Franken.
Eine Pflegefachperson HF erhält knapp 5600 Franken gemäss Lohnbuch. Der Lohn für diplomierte Pflegefachkräfte liegt etwas höher bei gut 7000 Franken, gemäss dem Jobvermittlungsportal Neuvoo.
Eine medizinische Praxisassistentin (MPA) bekommt im ersten Berufsjahr 4200 Franken. Assistenzärzte verdienen laut dem Lohnbuch Schweiz etwa 7300 Franken, ab dem dritten Dienstjahr über 8000 Franken. Ein Chefarzt bringt es auf gut 13017.
Nicht nur Pfleger leisten ihren Beitrag
Verkäufer stehen nach wie vor an den Kassen der Lebensmittelläden. Sie erhalten 5000 Franken brutto monatlich (Neuvoo). Bei Coop und Migros erhalten ungelernte Verkäufer 3700-3800 Franken. Gelernte Verkäufer erhalten 4100 brutto.
Reinigungskräfte kommen im Schnitt auf gut 4000 Franken, gemäss Neuvoo. Gemäss Lohncheck.ch verdient ein Lastwagenfahrer durchschnittlich 4695 Franken pro Monat.
Apotheker verdienen, jedenfalls in Zürich, 6900 Franken pro Monat ab Studium, so das Lohnbuch Schweiz 2019. Ein diplomierter Drogist verdient zwischen 3900 und 4440 Franken.
und nach dem Applaus heute Mittag dann bitte auch dafür einsetzen, dass die Menschen im Gesundheitsbereich, Pöstler, Putzfrauen (Aufzählung nicht abschliessend) auch entsprechend entlöhnt werden #dieSchweizsagtDANKE 👏👏👏 #COVIDー19 #StayAtHome 🏠
— ma®ion (@MaryTheOne) March 20, 2020
Coiffeure verdienen bis zum zweiten Berufsjahr 3800 Franken, ab dem fünften Berufsjahr 4000 Franken. Eine Fachperson Betreuung in einer Kindertagesstätte erhält 4200 Franken. Der Einstiegslohn für Bankenanalysten beträgt indes 6558 Franken, für Treuhänder 6500 Franken.
Zürcher Kantonspoliziesten im Rang eines Gefreiten werden mit knapp 5600 entlohnt. Primarschullehrer verdienen im Kanton Zürich laut dem Lohnbuch 7016 Franken - allerdings gibt es hier grosse kantonale Unterschiede. Ein Journalist in der Deutschschweiz erhält 5190 Franken.
Danke Sanitäter. Danke Spitalwäscherin. Danke Pfleger. Danke Intensivärztin. Danke Spitex. Danke Apothekerin. Der Bundesrat dankt allen Menschen im Gesundheitsbereich für ihren unermüdlichen Einsatz. pic.twitter.com/i7wkAVnGJ4
— Bundesrat • Conseil fédéral • Consiglio federale (@BR_Sprecher) March 20, 2020
Unbezahlte Betreuungsarbeit
Berufe, die hauptsächlich von Frauen ausgeübt werden, sind tendenziell schlechter bezahlt. Zudem gibt es noch immer einen nicht durch Qualifikation, Dienstjahre, Beschäftigungsgrad oder ähnlichem erklärbaren Lohnunterschied zwischen den Geschlechtern von ungefähr 5,9 (öffentlicher Sektor) und 8,1 Prozent (privater Sektor).
In der Coronakrise ebenfalls von Bedeutung: die unbezahlte Arbeit. Damit sind Tätigkeiten gemeint, die nicht entlohnt werden, die theoretisch aber durch eine Drittperson gegen Bezahlung ausgeführt werden könnten. Darunter fallen Haus- und Familienarbeit, ehrenamtliche und freiwillige Tätigkeiten in Vereinen und Organisationen sowie persönliche Hilfeleistungen für Bekannte und Verwandte, die nicht im selben Haushalt leben.
Im Jahr 2016 sind 9,2 Milliarden Stunden unbezahlt gearbeitet worden, rechnete das Bfs. Für bezahlte Arbeit wurden lediglich 7,9 Milliarden Stunden aufgewendet. Die gesamte im Jahr 2016 geleistete unbezahlte Arbeit schätzte das Bfs auf 408 Milliarden Franken.