Herber Rückschlag für Deutschland beim Gaspipeline-Projekt Nord Stream 2: Paris will am Freitag gegen den Willen Berlins für eine Verschärfung der Regeln für Pipelines aus Drittstaaten in die EU stimmen.
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Pipeline-Arbeiter in Russland. - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Paris will sich bei EU-Abstimmung am Freitag gegen Berlin stellen.
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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte das Projekt am Donnerstag in Bratislava gegen die anhaltende Kritik osteuropäischer Staaten. Von der Projektgesellschaft hiess es, die Bauarbeiten an Nord Stream 2 gingen wie geplant weiter.

Das Aussenministerium in Paris bestätigte am Donnerstag einen Bericht der «Süddeutschen Zeitung» über die Abstimmung. Das Ministerium betonte, die Arbeiten mit den EU-Partnern - «insbesondere mit Deutschland zu möglichen Änderungen an dem Text» der Richtlinie würden fortgesetzt. Die überarbeitete Gasrichtlinie sieht vor, die Regeln für Pipelines aus Drittstaaten in die EU zu verschärfen - was direkte Auswirkungen auf Nord Stream 2 hätte.

Der Elysée-Palast wollte die Sache nicht offiziell kommentieren. Aus dem Umfeld von Präsident Emmanuel Macron hiess es jedoch: «Wir sind weder für noch gegen Nord Stream 2. Wir fordern aber Garantien für die Sicherheit Europas und die Sicherheit und Stabilität der Ukraine.»

Die Gasleitung soll ab Ende 2019 russisches Gas durch die Ostsee nach Deutschland transportieren. Deutschland würde dadurch zum Hauptverteiler für russisches Erdgas in Westeuropa, während Polen und die Ukraine als Transitländer für Gaslieferungen geschwächt würden. Mit dem Bau wurde bereits teilweise begonnen.

Die rumänische EU-Ratspräsidentschaft hatte die Abstimmung der EU-Mitgliedstaaten über eine Ende 2017 vorgeschlagene Überarbeitung der sogenannten Gas-Richtlinie für Freitag auf die Agenda gesetzt. Bislang gab es im EU-Rat keine Mehrheit, um die Überarbeitung der Gas-Richtlinie voranzutreiben. Mit der Unterstützung von Frankreich und weiteren Staaten konnte Deutschland eine gemeinsame Position der 28 Mitgliedstaaten verhindern.

Die EU-Kommission will laut «SZ» erreichen, dass die strengen Regeln für Pipelines innerhalb der EU auch für Gasleitungen ausserhalb der Gemeinschaft gelten. So müssten etwa der Betrieb und die Erdgas-Belieferung der Pipelines strikt getrennt werden. Bei Nord Stream 2 hat der russische Gazprom-Konzern beides in der Hand.

Ob Gazprom bei einer Trennung noch an dem Geschäft interessiert wäre, ist unklar. Allerdings steht eine Entscheidung nicht unmittelbar bevor: Nach der Abstimmung am Freitag beginnen erst die Verhandlungen mit dem Europaparlament über eine Änderung der Richtlinie. Die EU-Kommission sieht Nord Stream 2 kritisch, weil es der Strategie widerspricht, Europa bei der Energieversorgung unabhängiger und weniger erpressbar durch Russland zu machen.

Deutschland werde sich «unter gar keinen Umständen allein von Russland abhängig machen», sagte Merkel bei einem Treffen mit den Regierungschefs der sogenannten Visegrad-Staaten in der slowakischen Hauptstadt Bratislava. Eine Abhängigkeit werde nicht eintreten, «wenn wir gleichzeitig diversifizieren», sagte Merkel und verwies auf den geplanten Bau von Terminals für Flüssigerdgas (LNG).

Zudem setze sie sich in ihren Gesprächen mit Russlands Präsident Wladimir Putin immer wieder dafür ein, «dass die Ukraine auch weiterhin Transitland sein wird für russisches Erdgas», sagte Merkel nach Gesprächen mit ihrem slowakischen Kollegen Peter Pellegrini sowie Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki, dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban und Tschechiens Regierungschef Andrej Babis.

Neben den östlichen EU-Staaten ist die Pipeline auch US-Präsident Donald Trump ein Dorn im Auge. Bei einem Nato-Gipfel im Juli warf er Deutschland vor, Russland Milliarden für Gaslieferungen zu zahlen und sich dann von den USA vor Moskau militärisch schützen zu lassen.

Ein Sprecher des Pipeline-Projekts erklärte, der Bau von Nord Stream 2 gehe wie geplant weiter. Mehr als 600 Kilometer Rohre seien bereits verlegt worden. Die Projektgesellschaft sei sich «mit einer sehr grossen Mehrheit europäischer Unternehmer einig, welche die neuen Regeln von Grund auf kritisiert haben».

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