Schlechte Ernteaussichten geben Kaffeepreis Auftrieb
Kaffee ist erstmals nach einigen schwächelnden Jahren wieder teurer geworden. Und das Wetter verheisst gleich zwei schwache Ernten.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Aussichten für die Kaffee-Ernte sind schlecht.
- Der Kaffee-Preis schnellt deshalb in die Höhe.
Eine Tasse duftender Kaffee am Morgen ist für viele das Lebenselixier schlechthin. Kein Wunder, war das Genussmittel auch während der Coronakrise gefragt. «Grundsätzlich ist die Nachfrage von Kaffee relativ konstant», sagt Jeffrey Hochegger, Anlagestratege bei Raiffeisen.
Trotzdem war während des Lockdowns ein Nachfragerückgang zu spüren: Dass die Konsumenten ihren Kaffee nun vermehrt zuhause statt im Café tranken, vermochte das wegfallende Ausser-Haus-Geschäft nicht zu kompensieren.
Deutlich höherer Kaffeepreis seit Jahresbeginn
Seit Jahresbeginn hat sich der Kaffeepreis allerdings deutlich erhöht, was vor allem auf die hauptsächlich in Brasilien angebaute Sorte Arabica zurückzuführen ist. Für diese Sorte wurde seit Ende Mai mehrmals die Marke von 1,60 US-Dollar pro Pfund geknackt – so viel hatte man zuletzt im Herbst 2016 gezahlt. Aktuell kostet ein Pfund Arabica-Kaffe 1,49 Dollar.
Der aus Arabica und der zweiten Sorte Robusta zusammengesetzte Preisindex der Internationalen Kaffee-Organisation (ICO) lag Ende Dezember bei 119,21 US-Cents pro Pfund, aktuell kostet ein Pfund Kaffee gemäss ICO-Index 138,24 US-Dollar. Das entspricht einem Plus von 16 Prozent.
«Der Kaffeepreis ist auch ein Profiteur der zunehmenden Öffnungsschritte», sagt Hochegger. Denn weil nun viele Länder die coronabedingten Beschränkungen langsam wieder aufheben, wird in Cafés und Restaurants wieder mehr Kaffee getrunken. «Dem gegenüber steht das Angebot, das im Moment verknappt wird», sagt Hochegger.
Schweizer Detailhandel erhöht Preise (noch) nicht
Ähnlich sieht es in der Schweiz aus, wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur AWP unter Detailhändlern ergab. «Uns sind die steigenden Kaffeepreise bekannt, da wir von höheren Einkaufspreisen bei der Rohware betroffen sind», sagte eine Sprecherin von Aldi Suisse. Doch plane man nicht, diese Preiserhöhungen auf die Kunden abzuwälzen.
Die Migros erklärt, dass es bei der Beschaffung unlängst zu einem Preisanstieg gekommen ist. Noch habe man aber keine Verkaufspreise erhöht. Die aktuelle Preissituation beim Einkauf der Rohware sei jedoch angespannt. Eine Prognose, ob es künftig nicht doch bald zu Preiserhöhungen kommen könnte, wage man daher nicht.
Und auch bei Coop und Lidl Schweiz gab es bisher (noch) keine Preiserhöhungen, wie Sprecher auf Anfrage bestätigten.
Erträge für Kaffeebauern ein Viertel tiefer
Die Erträge, die die Kaffeebauern im grössten Produktionsland Brasilien diesen Sommer ernten, dürften laut Marktbeobachtern ein Viertel tiefer ausfallen als im Vorjahr. Das hat mehrere Gründe: Erstens ist das Kaffeejahr 2020/21, das von November bis nach der Ernte Ende Oktober dauert, ein sogenanntes Niedrigertragsjahr, in dem sich die Bäume von den Strapazen des Vorjahres erholen und weniger Früchte produzieren.
Zweitens hat die lange Trockenheit im letzten Jahr manche Plantagen so geschädigt, dass auch die laut Commerzbank «akzeptablen» Niederschläge seit Ende 2020 die Ernteeinbussen nicht mehr ausgleichen können. In der Folge hätten sich viele Bauern dazu entschieden, dieses Jahr die Bäume zu schneiden, was ebenfalls zu Ertragseinbussen führt.
Zu den naturbedingen Einflüssen kommen noch die politischen Unruhen in Kolumbien hinzu, die laut der Commerzbank den Kaffeetransport erschweren.
169,6 Millionen 60-Liter-Säcke voller Kaffee
Die ICO rechnet für das Gesamtjahr 2020/21 mit einer weltweiten Kaffeeproduktion von 169,6 Millionen 60-Liter-Säcken. Damit würde trotz dem Ernterückgang in Brasilien die letztjährige Produktion um 0,4 Prozent übertroffen. Zugleich erwartet die Organisation, dass der Konsum von Kaffee um 1,9 Prozent auf total 167,6 Millionen Säcke steigt.
«In den vergangenen Jahren wurde immer mehr produziert als konsumiert, darum gab es einen Preisdeckel auf dem Kaffeepreis», erklärt Jeffrey Hochegger. Doch die Überproduktion dürfte sich laut ICO nun deutlich schmälern: Der Überschuss 2020/21 wird auf 2,0 Millionen Säcke geschätzt, verglichen mit 4,5 Millionen Säcken im Vorjahr.