Schweizer Landwirtschaft verursacht Milliarden Umwelt-Kosten
Das Wichtigste in Kürze
- Gemäss einer Studie verursacht die Landwirtschaft 3,6 Milliarden Franken Umwelt-Kosten.
- Die Autoren kritisieren, dass umweltschädliche Lebensmittel stark subventioniert werden.
- Bauer sind sauer, weil der Nutzen der Landwirtschaft nicht berücksichtigt werde.
Umweltschädigende Landwirtschaft wird vom Staat begünstigt. Zu diesem ernüchternden Schluss kommt eine neue Studie der Vision Landwirtschaft, einer Denkfabrik unabhängiger Agrarfachleute.
Es geht um Kostenwahrheit. Also nicht nur die reinen Produktionskosten, sondern auch um externe Kosten, welche etwa durch Pestizide oder Ammoniak-Emissionen entstehen und von der Allgemeinheit getragen werden.
Vision Landwirtschaft stellt folgende Rechnung auf: Die Nahrungsmittelproduktion kostet in der Schweiz insgesamt 13,7 Milliarden Franken. Mit 7,4 Milliarden Franken zahlt der Konsument etwas mehr als die Hälfte davon.
Subventionen primär für Tierproduktion
Die externen Kosten für Umweltschäden und Gesundheit belaufen sich laut Studie auf 3,6 Milliarden Franken. Drei Viertel davon werden durch die Produktion von tierischen Lebensmitteln verursacht.
Weitere 2,8 Milliarden Franken sind Subventionen des Bundes. Was den Studienautoren ebenfalls auffällt: Tierische Produkte werden besonders stark unterstützt. Vier von fünf Franken landen in der Fleisch- oder Milchindustrie (siehe Grafik unten).
In der Konsequenz gibt es eine Marktverzerrung. Wenn Bohnen oder Vegi-Burger mehr kosten als Poulet oder Hackfleisch, komme nachhaltiges Verhalten einem Schwimmen gegen den Strom gleich, schreiben die Autoren. Und: «Landwirtschaft und Ernährung sind durchsetzt von ökonomischen Fehlanreizen, die gesunde und nachhaltige Produktionsweisen und Konsummuster systematisch behindern.»
Kosten für Importfutter erhöhen
Vision Landwirtschaft schlägt vor, etwa Subventionen für Milch oder Schlachtabfälle, aber auch für fossile Energie zu streichen. Auch Kosten, welche durch Emissionen aus importierten oder künstlich hergestellten Produktionsmitteln entstehen, sollen dem Verursacher angelastet werden.
Wenig überraschend, hält der Bauernverband von der Untersuchung nichts. Gegenüber der «NZZ» sagt Sprecherin Sandra Helfenstein, dass frühere Studien auf andere Zahlen gekommen seien. «Das zeigt, dass bei vielen untersuchten Punkten die Datengrundlage in der nötigen wissenschaftlichen Seriosität fehlt.» Sie kritisiert ebenfalls, dass der Nutzen der Landwirtschaft ausgeblendet werde.
Die Subventionen für die Landwirtschaft umkrempeln will nicht nur die Vision Landwirtschaft, sondern auch GLP-Präsident Jürg Grossen. In einem Vorstoss vom Mai wollte er vom Bundesrat wissen, ob eine «stärkere oder vollständige Ausrichtung» auf pflanzliche Produkte besser für Klima, Umwelt und Gesundheit wären.
Kürzlich hat der Bundesrat darauf eine Antwort geliefert. Er schreibt, dass eine stärkere Ausrichtung der pflanzlichen Produktion für die direkte menschliche Ernährung den nötigen Flächenbedarf verringern könne, um die Bevölkerung zu versorgen.
Der Bundesrat glaubt zudem, dass damit die CO2-Emissionen und die Nährstoffverluste der Landwirtschaft reduziert werden könnten. «Sofern es zu einer entsprechenden Anpassung des Konsums kommt. Andernfalls kann es zu einer Verlagerung der Umweltwirkung kommen.»