Sperrung von Trumps Twitter-Konto stösst in Europa auf Kritik
Das Wichtigste in Kürze
- Nach der Kapitol-Stürmung sperrten Twitter und Facebook die Konten von Donald Trump.
- Dies stösst bei europäischen Politikern auf Kritik.
- So findet etwa Merkel, dass ausserhalb des gesetzlichen Rahmens entschieden wurde.
Die Sperrung des Twitter-Kontos von US-Präsident Donald Trump nach der Stürmung des Kapitols stösst bei europäischen Politikern auf Kritik. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) halte es für «problematisch», wenn solche Schritte nicht innerhalb eines gesetzlichen Rahmens erfolgten. Dies sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag. Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire sagte, derartige Entscheidungen dürften nicht den Digitalunternehmen selbst überlassen werden.
Twitter hatte am Freitag Trumps Konto mit fast 89 Millionen Abonnenten nach dem Sturm auf das US-Kapitol dauerhaft gesperrt. Als Grund gab das Unternehmen «das Risiko weiterer Anstiftung zur Gewalt» an.
Mit ähnlicher Begründung hatte auch Facebook die Seite des Präsidenten bei dem Online-Netzwerk vergangene Woche bis auf Weiteres gesperrt. Trump wird vorgeworfen, für die Erstürmung des Parlamentsgebäudes am Mittwoch mitverantwortlich zu sein. Er hatte seine Anhänger mit seinen unbelegten Wahlbetrugs-Vorwürfen zum Marsch auf das Kapitol aufgerufen.
Soziale Netzwerke hätten eine «Verantwortung dafür, dass die politische Kommunikation nicht vergiftet wird durch Hass, Lüge und Anstiftung zur Gewalt». Das sagte Regierungssprecher Seibert.
In das Grundrecht auf Meinungsfreiheit könne jedoch nur «innerhalb des Rahmens, den der Gesetzgeber definiert eingegriffen werden». Und nicht nach dem «Beschluss der Unternehmensführung von Social-Media-Plattformen».
Bundesbürger finden Sperrung gerechtfertigt
Bei den Bundesbürgern fand die Sperrung aber breite Unterstützung. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey erklärten vier von fünf Befragten: Es sei richtig, dass Twitter Trumps Account dauerhaft gesperrt habe. Dies berichtet die «Augsburger Allgemeine». Nur 15 Prozent fanden den Schritt falsch.
Frankreichs Wirtschaftsminister Le Maire zeigte sich jedoch «schockiert» darüber, dass Twitter selbst diese Entscheidung treffen konnte. «Die Erstürmung ist Folge der Lügen von Herrn Trump», sagte er im Sender France Inter. Die Regulierung der Online-Netzwerke dürfe aber nicht durch die «Digitalriesen» selbst erfolgen, sondern sei Aufgabe der Staaten und der Justiz.
Auch EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton nannte es «verblüffend», dass ein Unternehmenschef dem US-Präsidenten «ohne jegliche Kontrolle den Stecker ziehen kann». Die Netzwerke müssen sich aber fragen, warum sie es nicht geschafft hätten, «die Fake News und Hassreden zu verhindern».
Breton sah die EU-Kommission durch die Vorfälle in ihren Plänen bestärkt, Online-Plattformen stärker in die Pflicht zu nehmen. Ein vorgestellter Gesetzentwurf zu digitalen Diensten soll den Betreibern vorschreiben, konsequent gegen Hass- und Falschnachrichten, terroristische Inhalte und Kinderpornographie vorzugehen. Dabei soll eng mit den nationalen Behörden zusammengearbeitet werden. Bei Verstössen drohen den Unternehmen hohe Strafen.
Breton regte an, bei den europäischen Reformplänen die neue US-Regierung unter dem künftigen Präsidenten Joe Biden an Bord zu holen. Er schlug einen Dialog mit Washington vor, «der zu global kohärenten Prinzipien führt».