Wie nachhaltig ist Milch wirklich?
Das Wichtigste in Kürze
- Swissmilk bewirbt Milch als nachhaltiges Produkt.
- Verglichen mit Sojamilch ist die Öko-Bilanz allerdings weniger gut.
Milch macht müde Männer munter, hiess es einst. Doch lockere Sprüche reichen 2018 nicht mehr, um Produkte zu verkaufen. Heute heisst das Zauberwort der Werbeindustrie: Nachhaltigkeit.
Darum will sich Swissmilk in ein grünes Licht rücken. Und lobt ihr Produkt als besonders regional. Das ist bekanntlich gut für die Umwelt. Zudem werden über 90 Prozent der Tiere mit inländischem Raufutter gefüttert, kommt eine Recherche des Verbands zum Schluss. Und nicht nur das: Laut Swissmilk bekämpft Milch sogar Foodwaste. Das geht so: Zu rund 10 Prozent wird Milchkühen Kraftfutter aufgetischt. Dieses besteht zu sechs Prozent aus Ausschuss der Nahrungsmittelproduktion.
Ist Milch also wirklich so nachhaltig, wie die Lobby behauptet? Die Vegane Gesellschaft hält dagegen. «Swissmilk suggeriert, dass Milchkühe fast nur heimisches Gras fressen», sagt Geschäftsleiterin Laura Lombardini. Doch: «Zum Raufutter zählt jedoch nicht nur Gras, sondern auch Mais, Runkeln, Rüben sowie Kartoffeln.»
Für Lombardini wäre es nachhaltiger, wenn auf dem Ackerland direkt Nahrung für Menschen angebaut würde. Denn: «Fast die Hälfte des Schweizer Ackerlands wird verschwendet, um Tierfutter anzubauen. Und ein grosser Teil dieses Futters landet in der Milchproduktion.»
Die Veganerin kritisiert den sogenannten Veredelungsverlust bei der Milchproduktion. «Von der Nahrungsenergie in den Futterpflanzen landen höchstens 20 Prozent in der Milch, der Rest verbraucht das Tier zum Leben.»
Zur Milch gibt es pflanzliche Alternativen, Sojamilch etwa. Die gibt es mittlerweile auch beim Grossverteiler. Je nachdem, wo die Pflanze angebaut wird, variiert der CO2-Ausstoss. Doch: «Aktueller Stand ist, dass für Kuhmilch etwa doppelt so viel CO2-Äquivalente ausgestossen werden, wie für Sojamilch.»
Dass die Milch-Produktion die Umwelt belastet, zeigt eine Studie, das Wissenschaftsmagazin «Science» diesen Sommer veröffentlicht hat. Demnach werden weltweit über 80 Prozent der Anbauflächen für die Herstellung von Milchprodukten oder Fleisch eingesetzt. Zudem ist die Milch- und Fleischindustrie für 58 Prozent der Treibhausemmissionen der Lebensmittelindustrie weltweit verantwortlich.
Nur: Laut der Studie stammen nur 18 Prozent der weltweit konsumierten Kalorien aus Milch- oder Fleischprodukten. Bei den Proteinen sind es 38 Prozent. Die Industrie kritisierte damals, dass die Studie nicht direkt auf die Schweiz zutreffe. Ihr Argument: 70 Prozent der Nutzfläche in der Schweiz sind Grasland. Dieses sei für Ackerbau ungeeignet, eigne sich aber zur Nutztierhaltung. Swissmilk war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.