Die Schweizer Uhrenbranche spürt den Gegenwind, der ihr aus Asien entgegenbläst. Die schwache Auftragslage setzt auch Zulieferern zu: Kurzarbeit wird beantragt.
Uhrenindustrie
In den ersten neun Monaten 2024 sind die Schweizer Uhrenexporte laut dem Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie (FH) um 2,7 Prozent auf 19,2 Milliarden Franken gesunken. (Archivbild) - sda - KEYSTONE/JEAN-CHRISTOPHE BOTT

Die Folgen der sich in Asien abschwächenden Nachfrage nach Uhren bekommt die Westschweiz besonders stark zu spüren, wo ein Grossteil der in dieser Branche schweizweit tätigen Firmen ansässig ist. So ist im Kanton Jura die Uhrenindustrie ein wichtiger Wirtschaftszweig.

Die Marktschwäche am weltweiten Uhrenmarkt bleibt denn auch im Jura nicht folgenlos: Von Januar bis Juli haben nicht weniger als 41 jurassische Firmen aus der Uhrenbranche Kurzarbeit eingeführt, wie die auf dem Internetportal arbeit.swiss der Arbeitslosenversicherung verfügbaren Daten zeigen. Das waren siebenmal mehr als vor einem Jahr.

Die Zahl der in diesen Firmen von Kurzarbeit betroffenen Angestellten lag nach sieben Monaten mit 879 sogar rund zehnmal höher als im Vorjahr. Und zählt man die Unternehmen, die in den Monaten Januar bis August vorsichtshalber beim Kanton Kurzarbeit beantragt haben, dann verbuchte der Jura einen Anstieg auf 239 Unternehmen. Das waren viermal mehr als im Jahr zuvor.

«Das Beantragen von Kurzarbeit ist für immer weniger Firmen tabu», sagt der Geschäftsleiter einer auf die Herstellung von Werkzeugen für die Uhrenbranche spezialisierten Firma, der nicht genannt werden will, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP. Seine rund 100-köpfige Firma habe dies noch nicht getan, angesichts der angespannten Auftragslage sei ein solcher Schritt aber nicht auszuschliessen.

Die Visibilität bezüglich der weiteren Geschäftsentwicklung sei in der Uhrenbranche seit Monaten schlecht, sagt der Manager weiter. Einige Firmen hätten es gar vorgezogen, Leute zu entlassen, anstatt auf das staatliche Angebot der Kurzarbeit zurückzugreifen.

Diese Firmen würden mit einer Verschlechterung der Lage an den internationalen Uhrenmärkten rechnen. Einige erwarten bei den Uhrenexporten sogar einen Rückgang im zweistelligen Prozentbereich.

Uhrenexporte auf 19,2 Milliarden Franken gesunken

In den ersten neun Monaten 2024 sind die Schweizer Uhrenexporte laut dem Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie (FH) um 2,7 Prozent auf 19,2 Milliarden Franken gesunken. Nach China als zweitgrösstem Absatzmarkt wurden ein Viertel, nach Hongkong ein Fünftel weniger Zeitmesser exportiert. Zulegen konnte dafür der nun grösste Absatzmarkt USA (+4,9 Prozent).

Den Nachfragerückgang bekämen kleine Firmen in der Branche mit 50 und weniger Beschäftigten als erste zu spüren, sagt Gilles Coullery vom Arbeitsamt des Kantons Jura. Ihre Lagerbestände würden in schwachen Zeiten rasch und zu stark anschwellen. Als weiteres Manko komme hinzu, dass die KMU oftmals von den Bestellungen einiger weniger Grosskunden abhängig seien und den Rückgang bei einem einzelnen Kunden kaum kompensieren könnten.

Grosse Uhrenhersteller seien da deutlich breiter abgestützt und könnten sich in schwierigen Marktphasen von Temporärarbeitern trennen, sagt Kedy-Joyce Pose vom Büro Transjurane der Gewerkschaft Unia. Die Zuliefererfirmen beschäftigten dagegen zumeist nur wenige Temporärangestellte und müssten eher auf Kurzarbeit zurückgreifen.

Die Zulieferer bekämen am stärksten den Nachfragerückgang zu spüren, zeigt sich FH-Präsident Yves Bugmann überzeugt. «Wir haben in der Vergangenheit erlebt, wie Zulieferer als erste unter sinkenden Bestellungen leiden, wenn sich die Lager der Uhrenhersteller füllen.» Bugmann spricht aber noch nicht von einer Krise. Er bleibt für das kommende Jahr «positiv gestimmt» und hofft vor allem, dass die Nachfrage in China dank Konjunkturmassnahmen Pekings wieder anzieht.

Pessimistischer blickt Uhrenexperte Olivier Müller auf das Jahr 2025. Stützen für die chinesische Wirtschaft dürften sich nur in einem beschränkten Ausmass positiv auf die dortige Konjunktur auswirken.

«Aktuell gibt es auch keine makroökonomischen Daten, die in China auf eine Erholung in den nächsten zwölf Monaten hindeuten», sagt Müller. Aufgrund der rückläufigen Produktionsvolumen könnte die Krise für die Schweizer Uhrenindustrie gar schlimmer werden als jene im Jahr 2009.

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