Friedrich Dürrenmatts Stück «Herkules und der Stall des Augias» feiert am 15. Dezember 2021 in der Alten Reithalle Aarau Premiere.
Die Altstadt von Aarau.
Die Altstadt von Aarau. - Nau.ch / Stephanie van de Wiel
Ad

In ihrer letzten Spielzeit als Leitungsteam von Theater Marie nähern sich Olivier Keller und Patric Bachmann erstmals einem Schweizer Klassiker. In Friedrich Dürrenmatts selten gespieltem Stück «Herkules und der Stall des Augias», das am 15. Dezember 2021 in der Alten Reithalle Premiere feiert, entdecken sie überraschende Parallelen zur heutigen Zeit.

Augias ist Präsident des Landes Elis, das im selbst produzierten Kuhmist unterzugehen droht. Da kommt er auf die Idee, dass sein Staat den Volkshelden Herkules bitten könnte, die Heldentat des Ausmistens zu vollbringen.

Da dieser knapp bei Kasse ist, muss er – froh um den Vorschuss und die Reisespesen – die niedere Aufgabe annehmen. In Elis angekommen stellt sich heraus, dass der Grosse Nationale Rat Elis’ viele Hürden einbauen lässt.

Ausmisten und Vögelpest

Herkules muss zwecks diverser Bewilligungen von Amt zu Amt eilen und kann das Ausmisten des Landes nicht vollbringen. Er lagert mit seiner Geliebten auf einem der letzten Felsen, der nicht im Mist ertrunken ist, und versucht, sich gegen die platte Heldenverehrung der Elier zu wehren.

Die Zeit verstreicht, ohne dass er zupacken könnte. Fast bankrott, flüchtet Herkules nach Stymphalien, dessen Volk von einer Vögelpest befreit werden will.

Derweil pflegt der Präsident Augias in seinem Hinterhof einen idyllischen Schrebergarten, der ganz frei von Mist ist. Für ihre erste Beschäftigung mit einem Schweizer Klassiker wählen Regisseur Olivier Keller und Dramaturg Patric Bachmann einen ungewöhnlichen Zugriff: Sie besetzen alle Männerrollen mit Frauen und alle Frauenrollen mit Männern.

Frage nach herkömmlichen Geschlechterbildern

Mit dieser Setzung stellen sie ganz implizit die Frage nach herkömmlichen Geschlechterbildern. Distanzen zwischen spielender Person und gezeichneter Figur bieten damit den Steigbügel für eine Überzeichnung, die im Text vom Grossmeister der Groteske Dürrenmatt angelegt ist.

Darüber hinaus erkennt Theater Marie durchaus aktuelle Fragestellungen in Dürrenmatts Text: Die Reinigungsphantasien, die das Stück anspricht, der Wunsch, nach einer starken Heldenhand, die kollektiv verursachte Probleme einfach löst, und Abschiebung von Verantwortung sind alles Elemente, die an heutige Krisen des 21. Jahrhunderts erinnern, nicht zuletzt natürlich an die aktuelle Pandemie.

Die Aufführungen finden am 15. Dezember 2021 um 20 Uhr und am 16. Dezember 2021 ebenfalls um 20 Uhr statt.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

TheaterStaat